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WAZ: Staaten schotten sich ab - Jeder gegen den Rest der Welt - Leitartikel von Detlef Fechtner

Essen (ots)

In Europa herrscht Alarm. Protektionismusalarm. In
Frankreich werden staatliche Kredite für Autobauer an eine 
Vorzugsbehandlung französischer Standorte gekoppelt. Und auch in 
anderen EU-Staaten wächst der öffentliche Druck, das Geld der 
Steuerzahler nur für Rettungsprogramme auszugeben, die ausschließlich
der Industrie im eigenen Land helfen. Die Versuchung, die eigenen 
Unternehmen zu bevorzugen, scheint verständlich. Ist es nicht auch 
richtig, dass Staaten in der Not vor allem ihre heimische Wirtschaft 
schützen? Schließlich gilt die alte Regel: Wenn jeder an sich selbst 
denkt, ist an alle gedacht.
Nein. Erstens widerspricht es den Regeln des Binnenmarkts. Und 
die haben Europa im bisherigen Verlauf der Krise vor einem noch 
dramatischeren konjunkturellen Absturz bewahrt - genauso übrigens wie
die einheitliche Währung. Zweitens schadet eine nationale 
Wirtschaftspolitik letztlich allen - auch dem, der sich abschottet. 
Denn das Verflixte an nationalen Alleingängen ist, dass sie andere 
Länder zur Revanche zwingen. Aus "Jeder für sich" wird dann schnell 
"Jeder gegen den Rest der Welt" - mit dramatischen Einbußen an 
Wohlstand. Kurz gesagt: Wer dicht macht, ist nicht ganz dicht.
Das ist allerdings nur die halbe Antwort. Europas Binnenmarkt 
heißt nämlich nicht nur, dass es verboten ist, die heimische 
Wirtschaft zu hätscheln und ausländische Unternehmen auszugrenzen. 
Der Gemeinsame Markt, auf den die Europäische Union so stolz ist, 
heißt vielmehr auch, dass sich alle um die Konjunktur kümmern müssen.
Wenn sich tatsächlich alle angemessen beteiligen, schwindet wiederum 
der Hang zum Protektionismus.
Der EU-Kommission fällt darum jetzt eine doppelte Aufgabe zu. Sie
muss Eigenbrödler ausbremsen. Und sie muss gleichzeitig von allen 
Staaten ambitionierte Beiträge zur Krisenbewältigung abfragen. Als 
Antreiber hat die EU-Behörde bisher funktioniert, als Wachtmeister 
steht ihre Bewährungsprobe aus. Sie täte gut daran, keine Angst vor 
einem Konflikt mit Frankreich zu zeigen. Zumal das Problem mit den 
Autohilfen nicht unlösbar ist.
Leider droht sich Europas oberste Behörde derzeit zu verzetteln, 
weil sie nebenbei selbst auch noch eigene Milliarden-Programme 
anschieben und das Finanzsystem umkrempeln will. Beides könnte 
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso zum Verhängnis werden: Sich 
als Hüter des Binnenmarkts zu wenig zu trauen. Oder sich als Retter 
der Welt zu überschätzen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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