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WAZ: Nach der Haushaltswoche - Koalition auf Konfrontationskurs - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Wenn die Kanzlerin scheinbar Widerstreitendes in
Einklang bringen möchte, verwendet sie das Sprachbild von den zwei 
Seiten einer Medaille. In dieser Woche im Bundestag bestand Angela 
Merkels Medaille daraus, einerseits den Haushalt gesund zu sparen und
anderseits Bürger finanziell entlasten zu wollen. In dieser Woche 
wurde allerdings sehr deutlich, dass Merkel auch eine Medaille hat, 
von der sie nur eine Seite vorzeigt. Auf dieser steht "Koalition", 
die wird glänzend poliert und dem Publikum zum Beweis einträchtigen 
Regierens hingehalten. Auf der abgewandten Seite steht 
"Konfrontation", und die soll verborgen bleiben, bis der 
Bundestagswahlkampf offiziell beginnt.
Auf der abgewandten Seite ist augenblicklich ernorm viel Bewegung
zu verzeichnen. Die SPD rüstet sich unter nicht ganz neuer Führung 
für einen Beutezug wie 2005, als Gerhard Schröder und Franz 
Müntefering den Eindruck erzeugten, sie seien ein ganzes Rudel von 
Alphatieren. Weil man dem populären, präsidialen Stil der Kanzlerin 
nicht mit Wolfsmanieren beikommen kann, wird Frank-Walter Steinmeier 
mit seriösen Umgangsformen beweisen, dass er, anders als oft 
behauptet, kein Imitator von Schröder ist. Und Müntefering, der noch 
vor seiner Wahl zum Vorsitzenden die Parteizen-trale umorganisiert, 
wird mit gefletschtem Lächeln Anhänger mobilisieren.
Diese sozialdemokratische Arbeitsteilung muss die Kanzlerin und 
CDU-Vorsitzende schon deshalb ernst nehmen, weil sie keine 
prominenten Männer aufzubieten hat, die beispielsweise konservative 
Positionen in der modernisierten CDU besetzen könnten. Sie hat auch 
kein Thema, mit dem sie Anhänger mobilisieren kann, wie die 
Meinungsforscherin Renate Köcher von Allensbach ihr unlängst während 
einer Fraktionsklausur erklärt hat. Denn der bisherige Plan der 
Union, die Wähler mit einer Roten-Socken-Kampagne gegen SPD und 
Linkspartei aufzubringen, kann nach Köchers Erkenntnissen nicht 
funktionieren. Die Linkspartei wird in der Bevölkerung nicht als 
kommunistische Bedrohung mit verbrecherischer SED-Vergangenheit 
betrachtet, sondern vielmehr als die Partei, die sich für sozial 
Schwache engagiert.
Das ist die interessanteste Nachricht seit Langem - für Union und
SPD, die einander in der Dämonisierung der Linkspartei förmlich 
überboten haben. Wenn die SPD sich künftig weniger auf die 
Linkspartei konzentriert, rückt automatisch die Union noch stärker in
ihren Blick. Die Kanzlerin muss damit rechnen, dass die Konfrontation
innerhalb der Koalition sich verschärft.

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Telefon: 0201 / 804-2727
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