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WAZ: 2007 - Das Jahr der Verbote Der fürsorglich belagerte Bürger - Leitartikel von Wilhelm Klümper

Essen (ots)

Von der Bundes-Drogenbeauftragten Sabine Bätzing
(SPD) durften wir jüngst lesen: "Ich werde zu Silvester 
wahrscheinlich ein Glas Sekt trinken und auf den Jahreswechsel 
anstoßen." Das klingt nicht sehr ausgelassen. Geht uns aber nichts 
an. Denn es ist Privatsache, mit wie viel Promille oder stocknüchtern
jemand ins Neue Jahr prostet. Bereits der alte Fritz sagte, jeder 
solle nach seiner Fasson glücklich werden.
Diese Liberalität eines feudalen Herrschers scheint ausgerechnet 
unser demokratischer Staat zunehmend aufzugeben. Was Politiker in 
diesem Jahr nicht alles an Verbots-Diskussionen losgetreten haben: 
Alkoholverbot für Jugendliche, Rauchverbot, Glühbirnenverbot, 
Fernreiseverbot, Gib-Gas-ich-will-Spaß-Verbot und ganz frisch auf dem
Tisch das Alkoholreklame-Verbot.
Es ist richtig, alles Erdenkliche zu tun, junge und erwachsene 
Bürger über die Gefahren des Lebens aufzuklären und Hilfen 
anzubieten. Und natürlich muss der Staat die Allgemeinheit durch 
konsequente Verbote schützen. Dabei sollte sich aber die Politik so 
weit es geht aus dem Privatleben der Bürger heraushalten. Denn bei 
aller Liebe zur Gesundheit nimmt vor allem die Debatte über den 
privaten Genuss mittlerweile bevormundende Züge an. Es scheint, dass 
in unseren Ministerienstäben die sozialpädagogisch geschulte 
Fürsorgefraktion die Überhand gewonnen hat.
Aber so wenig, wie die amerikanische Regierung in den 30er Jahren
durch die Prohibition den Alkoholkonsum in den Griff bekommen hat 
(dafür bekam sie Al Capone und die Mafia), wird es unseren Politikern
gelingen, das Volk auf das angepeilte Maß der Gesundbeter zu bringen.
Es wird weiterhin geraucht und getrunken werden, der Ökobratling wird
im Ruhrgebiet der fetten Currywurst, Pommes rot-weiß und dem Döner 
niemals den Rang ablaufen. Und sonntags gibt es auch zukünftig 
Schwarzwälder Kirsch und danach ein Likörchen. Und das, obwohl alle 
wissen, dass es eigentlich anders gesünder wäre.
Keineswegs dürfen die Gefahren von Nikotin-, Fett und 
Alkoholsucht heruntergespielt werden. Aber sie gehören zu den 
Begleiterscheinungen einer freien, aufgeklärten Bürgergesellschaft, 
in der jeder sich auch in Eigenverantwortung für die Höhe seines 
Genusspegels sollte entscheiden dürfen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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