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"Herzlich Willkommen - wer immer Du bist." Gemeinsames Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche 2012

Hannover (ots)

"Herzlich Willkommen - wer immer Du bist." So lautet das Motto der Interkulturellen Woche 2012, die vom 23. bis 29. September stattfindet.

In ihrem Gemeinsamen Wort der Kirchen, das heute veröffentlicht wurde, rufen der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider und der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos von der Griechisch-Orthodoxen Metropolie dazu auf, angesichts aktueller rassistischer und rechtsextremistischer Umtriebe "jeder Äußerung von Menschenfeindlichkeit mit Zivilcourage entgegenzutreten." Die Interkulturelle Woche solle dagegen "Gelegenheit bieten, auch die alltäglichen Diskriminierungserfahrungen anzugehen und Migrantinnen und Migranten von ihren Erfahrungen berichten zu lassen." Entsprechend wird ein Schwerpunkt der Interkulturellen Woche 2012 darauf liegen, dem offenen und versteckten Rassismus auf die Spur zu kommen und Gegenstrategien zu erproben, damit Deutschland sich als offene, freie und demokratische Gesellschaft weiterentwickeln kann.

Das diesjährige Motto sei auch eine Mahnung an die Politik, Einwanderung nicht nur unter Nützlichkeitsaspekten zu beurteilen: "Dies wäre eine Engführung, die mit den Grundwerten unserer Gesellschaft und den grundlegenden Einsichten unseres Glaubens nicht in Einklang zu bringen ist", formulieren die leitenden Geistlichen. In diesem Zusammenhang fordern sie eine umfassende und vor allem humanitäre Bleiberechtsregelung, "bei der auch Alte, Schwache, Kranke und Alleinerziehende eine Chance haben".

Angesichts globalisierter Mobilität stehe nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa vor der Herausforderung, Einwanderung zu steuern und gleichzeitig die Aufnahme von Flüchtlingen humanitär zu gestalten. So betonen die Kirchen: "Die großen Staaten im Zentrum Europas dürfen ihre Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht auf die Randstaaten oder gar auf die Nachbarländer außerhalb der Europäischen Union abwälzen." Dies stehe im Kontext der aktuellen Debatten um eine Veränderung der Dublin II - Verordnung bei den Beratungen der europäischen Innenminister. Gerade an den Außengrenzen müssten die Menschenrechte von Flüchtlingen geschätzt werden, so Zollitsch, Schneider und Augoustinos weiter.

Im Materialheft zur Interkulturellen Woche werden diese und weitere Themen aufgegriffen. Es enthält Anregungen zur Gestaltung von Gottesdiensten, Beispiele und Anregungen für Aktionen sowie Hinweise auf Ausstellungen und Materialien.

Die Interkulturelle Woche 2012 wird am 21. September in Potsdam mit einem ökumenischen Gottesdienst unter Beteiligung von Bischof Dr. Markus Dröge, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbistum Berlin, sowie einem Vertreter der Griechisch-Orthodoxen Metropolie in Deutschland bundesweit eröffnet. Der Tag des Flüchtlings ist am 28. September 2012. Erwartet werden rund 4.500 Veranstaltungen in über 450 Städten und Gemeinden in ganz Deutschland.

Weitere Informationen und Materialbestellungen unter www.interkulturellewoche.de. Hinweis: Im Anhang erhalten Sie das "Gemeinsame Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche" im Wortlaut.

Diese Pressemitteilung wird zeitgleich von den Pressestellen der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz verschickt. Doppelungen bitten wir zu entschuldigen.

Hannover, 22. Mai 2012

Pressestelle der EKD Reinhard Mawick

Orginaltext

"Herzlich willkommen - wer immer Du bist" Gemeinsames Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche 2012 "Herzlich willkommen - wer immer Du bist." Dies ist das Motto der Interkulturellen Woche 2012. Wer nach Deutschland einreist - sei es auf der Flucht vor existentiell bedrohlicher politischer, religiöser oder ethnischer Verfolgung, sei es als Arbeitsmigrantin oder Arbeitsmigrant-, soll erfahren, dass eine andere Kultur oder Religion als Ausdruck von Identität und Persönlichkeit akzeptiert wird.

Vor fast 60 Jahren begann die Anwerbung von Arbeitsmigrantinnen und -migranten in Deutschland. Heute sind die Zahlen von Neuzuwanderern im Vergleich zu dieser Zeit gering. Deutschland ist in den letzten Jahren eher zum Auswanderungsland geworden. In manchen der letzten Jahre wanderten mehr Menschen aus als ein. Geht also das Motto der diesjährigen Interkulturellen Woche an der Realität vorbei? "Herzlich Willkommen - wer immer Du bist." Diese direkte und vertraute Ansprache will zum Nachdenken anregen. Sie ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Wie leben wir zusammen? Auf welchen gemeinsamen Wertvorstellungen ruht unser Zusammenleben? Wie treten wir dafür ein? Diese und andere Fragen müssen wir stellen und beantworten. Nur so kann es gelingen, die für eine vielfältige Gesellschaft notwendige Gemeinsamkeit und Offenheit weiterzuentwickeln. Basis und Ausgangspunkt aller Diskussionen sind die Würde jedes und jeder Einzelnen und die daraus abgeleiteten Menschenrechte.

Allzu oft leben Menschen nebeneinander her und nicht miteinander. Nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund und Alteingesessene, sondern auch andere Gruppen in der Gesellschaft haben kaum Berührungspunkte. Wir alle sind aufgerufen, immer wieder mit Neugier und Offenheit auf andere Menschen zuzugehen und im Gegenüber zuallererst das Geschöpf Gottes zu erkennen.

Es gilt, auf einander zuzugehen - mit Respekt und Interesse für andere, mit Offenheit gegenüber Fremden und Fremdem. So wird es auf Dauer möglich, Gemeinsamkeiten zu entwickeln: zwischen denen, die schon lange hier leben, und denen, die neu hinzukommen, zwischen denen, die in der Mitte der Gesellschaft stehen, und denen, die an den Rand gedrängt werden und kaum Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe finden. Gelegenheiten dazu gibt es viele: im Kindergarten, in der Schule, beim Eintritt ins Berufsleben, beim Umzug in eine andere Stadt oder beim Wechsel der Arbeitsstätte.

Im Galaterbrief des Neuen Testaments lesen wir von einer Gemeinde, in der Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder sozialen Stellung in umfassender Gemeinschaft leben. Der Apostel Paulus schreibt: "Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus" (Gal 3,28). Angesichts der alles verändernden Wirklichkeit Gottes sind wir Christinnen und Christen in besonderer Weise aufgerufen, in unseren Gemeinden Beispiel für diese Gemeinschaft zu geben, auch wenn dies im Alltag zuweilen schwerfällt. Darüber hinaus haben wir den biblisch begründeten Auftrag, die Gesellschaft mitzugestalten und dazu beizutragen, dass niemand aufgrund seiner oder ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft auf der Strecke bleibt.

"Herzlich willkommen - wer immer Du bist." Das ist eine starke Aussage auch gegenüber aktuellen rassistischen und rechtsextremistischen Gedanken. Wer Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe oder Religion ausgrenzt, wer sie diskriminiert oder gar physisch attackiert, der muss nicht nur mit den Reaktionen der staatlichen Gewalt, sondern auch mit dem Widerspruch der Kirchen rechnen. Es reicht jedoch nicht aus, Gewalttaten zu verurteilen. Wir rufen dazu auf, jeder Äußerung von Menschenfeindlichkeit mit Zivilcourage entgegenzutreten. Fremdenhass, Rassismus, Antisemitismus und jede Form des Rechtsextremismus sind mit dem christlichen Glauben unvereinbar.

Die Interkulturelle Woche soll Gelegenheiten bieten, auch die alltäglichen Diskriminierungserfahrungen anzugehen und Migrantinnen und Migranten von ihren Erfahrungen berichten zu lassen. So kann eine Sensibilität wachsen, die das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft erleichtert. Welche Alltagserfahrungen machen Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe? Welche Formen von offenem und verstecktem Rassismus treffen Menschen anderer kultureller Herkunft? Wie können konkrete Schritte aussehen, damit wir uns als eine offene, freie und demokratische Gesellschaft weiterentwickeln? Wir rufen dazu auf, diese Fragen in diesem Jahr besonders zu thematisieren.

"Herzlich willkommen - wer immer Du bist." In der Debatte um Integration und Einwanderung vernehmen wir allzu oft einen anderen Leitspruch: "Herzlich willkommen - wer immer uns nützt!" Dies wäre eine Engführung, die mit den Grundwerten unserer Gesellschaft und den grundlegenden Einsichten unseres Glaubens nicht in Einklang zu bringen ist. Seit Jahren engagieren sich die Kirchen für eine großzügige Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete, bei der auch Alte, Schwache, Kranke und Alleinerziehende eine Chance haben. Wir mahnen erneut an, dieses Thema auf die politische Tagesordnung zu setzen und für eine umfassende und vor allem humanitäre Bleiberechtsregelung einzutreten.

Immer deutlicher zeigt sich, dass nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa in einer globalisierten Welt vor der Herausforderung steht, Migration und die Aufnahme von Flüchtlingen zu gestalten. Den Kirchen ist es ein besonderes Anliegen, dass die Menschenrechte von Flüchtlingen gerade an den Außengrenzen Europas geachtet werden. Die großen Staaten im Zentrum Europas dürfen ihre Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht auf die Randstaaten oder gar auf die Nachbarländer außerhalb der Europäischen Union abwälzen. Es ist unter menschlichen, ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten schwer zu ertragen, dass Tausende auf dem Weg nach Europa an den Grenzen gedemütigt, inhaftiert, widerrechtlich zurückgewiesen werden oder gar ihr Leben verlieren.

"Herzlich willkommen - wer immer du bist." Die Interkulturelle Woche mit ihren zahlreichen Veranstaltungen ist jedes Jahr ein lebendiges Zeichen dafür, dass wir uns auf einem guten Weg zu einer echten Willkommenskultur befinden. Wir danken allen, die sich vor Ort für die Anliegen der Interkulturellen Woche einsetzen und wünschen ihnen gute Erfahrungen und Gottes Segen für ihr Engagement.

Pressekontakt:

Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de

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