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BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: "Dicke Luft" in Berlins Klassenzimmern

Berlin (ots)

Eltern und Lehrer beklagen es seit langem, jetzt
ist es amtlich: Berlins Schulen sind zu schmutzig. Nach einer
Untersuchung an 40 Schulen in sieben Bezirken ist die Luft in den
Klassenzimmern deutlich zu hoch mit Feinstaub belastet, der bis in
die Lunge vordringen kann. Außerdem überschreitet die Konzentration
an Kohlendioxid den vom Umweltbundesamt für Schulgebäude vorgegebenen
Richtwert um das bis zu Siebenfache. Das berichtet die Berliner
Morgenpost (Donnerstag-Ausgabe). „Wir sehen deutlichen
Handlungsbedarf“, kommentiert Robert Rath vom Landesamt für
Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (Lagetsi)
die Ergebnisse. „Die Schulen müssen besser gelüftet und gereinigt
werden.“ Das Lagetsi, das die Untersuchung in Auftrag gegeben hatte,
will sich jetzt mit der Bildungsverwaltung zusammensetzen, um nach
Lösungswegen zu suchen. „Wir erwarten, dass sich etwas ändert.“
Untersucht wurden in den Jahren 2002 und 2003 insgesamt 40 Schulen
und fünf Turnhallen. Während die Messergebnisse in Bezug auf
organische Schadstoffe wie Kohlenwasserstoffe oder Formaldehyd sowie
anorganische Stoffe wie Dieselruß „überwiegend befriedigend“ waren,
bescheinigen die Prüfer der Schulluft bei der Kohlendioxid- und
Feinstaubkonzentration „in fast allen Fällen ein Mangelhaft“. Die
gemessenen Werte beim Feinstaub liegen mit durchschnittlich bis zu
100 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft drei Mal so hoch wie die
Feinstaubbelastung im Stadtgebiet und überschreiten den ab 1. Januar
2005 gültigen Grenzwert für Außenluft um 100 Prozent. Die dicke Luft
in den Klassenzimmern hat auch gesundheitliche Folgen. Gerade die
winzigen Partikel können bis in die Lungenbläschen vordringen und
sich dort jahrelang festsetzen. „Es kann zu Hustenreiz, aber auch zu
Atemwegerkrankungen wie Bronchitis oder Entzündungen kommen“, sagt
Lagetsi-Sprecher Rath. Bei Kindern mit Allergien könne auch Asthma
auftreten. Menschen, die ständig in staubbelasteter Luft sitzen,
seien zudem anfälliger für Erkältungen. Geradezu harmlos nehmen sich
dagegen die Folgen des hohen Kohlendioxidgehaltes aus. Durch
Sauerstoffmangel, so Rath, könne es zu Konzentrationsstörungen und
damit Leistungsabbau kommen. Fazit der Prüfer: „Nur mit konsequenter
mehrfacher Stoßlüftung vor und nach dem Unterricht sowie während der
Pausen kann der Kohlendioxidgehalt auf einem erträglichen Niveau
gehalten werden“. Schulleiter wie Dirk Reich vom
Werner-vom-Siemens-Gymnasium sind nicht überrascht von den
Messwerten: „Bis vor sechs Jahren sind unsere Klassenräume noch
täglich gereinigt worden, heute nur noch ein Mal die Woche.“ Nur weil
die Fachräume seltener geputzt würden, könne jede Klasse jetzt
wenigstens zwei Mal wöchentlich sauber gemacht machen – ein Mal
trocken, ein Mal feucht. Dennoch bleibe viel Dreck liegen, sagt
Reich: „Die zwei Reinigungskräfte schaffen das gar nicht alles.“ Seit
Jahren beklagen die Schulen, dass Land und Bezirke immer mehr bei den
Reinigungskosten sparen. Sauber gemacht wird vielfach nur noch im
Akkordtempo zu Dumpingpreisen – mit entsprechendem Ergebnis. „Wir
haben uns mittlerweile an den Dreck gewöhnt“, sagt die Leiterin der
Rehberge-Grundschule, Renate Preibusch-Harder. „Wenn man über die
Fensterbank oder den Tafelschrank wischt, sind die Hände schmutzig.“
Die Ecken würden nur noch „rund geputzt“. Zwei Mal pro Woche werden
die 18 Klassenräume der Weddinger Grundschule gereinigt. „Viel zu
wenig“, beklagt die Schulleiterin. Durch den entsiegelten Schulhof
trügen die Kinder nach jeder Pause viel Schmutz in die Klassenzimmer.
Dabei fegen die Schüler ihren Raum schon nach jedem Unterrichtstag,
und einmal im Jahr treten die Lehrer zur Grundreinigung an. Renate
Preibusch-Harder ärgert besonders, dass hier wieder bei den Kleinsten
gespart wird: „Ich denke, das zeigt auch, wie viel Wertschätzung der
Staat seinen Kindern entgegenbringt.“ Die mangelhafte Reinigung der
Schulen hält auch André Schindler, Vorsitzender des
Landeselternausschusses, für ein „großes Problem“. Es könne nicht
angehen, dass beim Vertragsabschluss allein der Preis entscheide. Die
Firmen müssten zudem viel mehr kontrolliert werden. „Wenn wir
überlegen, welche Anforderungen an Sauberkeit wir bei uns zu Hause
stellen und in welche Umgebung wir unsere Kinder täglich zum Lernen
schicken, dann klafft da eine große Lücke.“
ots-Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe:
http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=53614

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Telefon: 030/25910
Fax: 030/25913244

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