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"Berliner Morgenpost": Keine Panik!
Leitartikel von Michael Backfisch zu Hitze und Brände

Berlin (ots)

Wer Nachrichten im Fernsehen verfolgt, fühlt sich an einen Horrorfilm "made in Hollywood" erinnert. Flammenwände bewegen sich auf Hotels zu, verschlucken Häuser und zerstören landwirtschaftliche Flächen. Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad begünstigen Waldbrände, die durch Winde immer wieder angefacht werden. Urlauber verlassen in Panik ihre Bettenburg und rasen zum Flughafen.

Egal ob Griechenland, Korsika, Spanien oder Portugal: Die Wetterextreme und die Folgen des Klimawandels sind endgültig in Europa angekommen. Wir müssen uns mit den Konsequenzen auseinandersetzen. Man braucht nicht gleich die Apokalypse zu beschwören wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker, der Mitte Juli in der Toskana schwitzte, sagte dem Tourismusland Italien auf Twitter den Untergang voraus: "Die Hitzewelle ist spektakulär hier. Wenn es so weitergeht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben. Der Klimawandel zerstört den Süden Europas. Eine Ära geht zu Ende."

Ist Lauterbach unter die Geschichtspropheten gegangen, die historische Perioden definieren und Epochen prognostizieren? Der Minister scheint permanent auf Sendung zu sein, was für eine gewisse Selbstverliebtheit und einen Hang zum Quasseln spricht. Man möchte ihm zurufen: "Piano, Carlo." Manchmal ist weniger mehr, gerade als Mitglied der Bundesregierung. Kein Wunder, dass die Leute südlich der Alpen schäumen. "Seit 20, 30 Jahren müssen uns die Deutschen irgendwie erklären, wie wir leben müssen", schimpfte der TV-Journalist Andrea Giambruno, der Lebenspartner der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. "Wenn es dir nicht passt, dann bleib zu Hause."

Ja, das Problem des Klimawandels muss angepackt werden, aber nicht in der schnoddrigen Art von Lauterbach. Die Politik sollte alles dafür tun, um CO2-Emissionen zu reduzieren und dafür weltweit um Mitstreiter zu werben. Ohne China, die USA oder Brasilien ist der Kampf nicht zu gewinnen. Aber auch die Bürger sind gefragt - bei der Wahl der Verkehrsmittel oder bei der Wärmedämmung von Wohnungen und Häusern.

Und selbstverständlich muss jeder Einzelne prüfen, wie er mit der Häufung ex­tremer Wetterlagen umgeht und was dies für seinen Urlaub bedeutet. Dabei könnte es durchaus zu Verschiebungen von Reisezielen kommen. Wen es im Sommer ans Meer zieht, könnte zunehmend die Strände an Nord- und Ostsee ins Auge fassen. Auch wenn dort die Temperaturen ebenfalls ansteigen dürften, ist das Klima insgesamt doch deutlich erträglicher als bei über 40 Grad am Mittelmeer. Sollten die Verbraucher dahin tendieren, müsste die Tourismus-Industrie reagieren und zusätzliche Angebote schaffen. Darüber hinaus könnte im Juli und August auch eine Auszeit in den Alpen attraktiver werden.

Griechenland, Italien oder Spanien haben damit trotz des Klimawandels als Ferien-Destinationen nicht ausgedient. Im Frühjahr und im Herbst sind die Temperaturen dort wesentlich angenehmer. Das sollte in künftige Urlaubsplanungen mit einbezogen werden. Ob deshalb die "großen Ferien" - viele Eltern mit Schulkindern hängen von ihnen ab - verschoben werden sollten und könnten, muss aus pädagogischer Sicht entschieden werden.

Auch in Zeiten des Klimawandels gilt: Keine Panik! Die Wahl, wann und wo wir Urlaub machen, ist nicht Sache des Staates - schon gar nicht mit Verboten. Sie liegt in unserer individuellen Verantwortung. Immer auch mit Blick auf unseren Blauen Planeten. Wir haben nur den einen.

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