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Berliner Morgenpost: Was die Commerzbank vom FC Bayern unterscheidet (Leitartikel)

Berlin (ots)

Ein brillanter Fußballer wie Franck Ribéry würde
kaum einen gesetzlich festgelegten Maximallohn von 500000 
Euro im Jahr akzeptieren. Der Kicker wird seine strammen Schenkel in 
Diensten jenes Klubs bewegen, der am besten bezahlt. Wie jeder 
Arbeitnehmer nimmt ein Fußballer den höchsten Lohn, den der Markt 
hergibt. Das kann man ihm kaum verdenken.
Klaus-Peter Müller, Aufsichtsratschef der Commerzbank, argumentierte 
wie ein Fußball-Manager, als er Ende vergangenen Jahres dem 
Finanzministerium ein neues Bezahlmodell für seine Vorstände abringen
wollte. Mit 500000 Euro Jahresgage seien seine besten Leute 
nicht zufrieden, womöglich wanderten sie bald ab. 50 Prozent mehr, 
also 750000 Euro, müssten es schon sein, so Müller, der sich 
in den letzten Monaten immer wieder mit ethikhaltigen Interviews zu 
Wort gemeldet hatte.
Der fundamentale Unterschied: Fußballvereine sind 
Wirtschaftsunternehmen, die sich am Markt behaupten müssen. Die Fans 
entscheiden Tag für Tag aufs Neue, ob sie freiwillig Geld für ein 
Ticket ausgeben und das teure Trikot obendrein. Und der 
Geschäftsführer hat zu verantworten, ob er sich Millionengehälter für
seine Stars leisten kann und will. Staatsbürgschaften für 
Bundesligavereine gibt es, noch, nicht, nicht mal für Schalke 04.
Mit der Commerzbank verhält es sich etwas anders. Das 
traditionsreiche Geldinstitut gäbe es längst nicht mehr, wenn der 
Staat nicht eingegriffen hätte. 18 Milliarden Euro an stillen 
Reserven haben die Steuerzahler in das angeschlagene Bankhaus 
gepumpt, umgerechnet zahlte also jeder Bundesbürger, überwiegend 
unfreiwillig, 225 Euro.
Während manche internationalen Banken ihre Staatshilfen inzwischen 
zurückzahlen, hat die Commerzbank 2009 nicht einmal die vereinbarten 
Zinsen für die Staatseinlage aufbringen können. Von Rückzahlung des 
geliehenen Geldes ganz zu schweigen. Die Leistung der 
Commerzbank-Manager kann so brillant also nicht gewesen sein. Wenn 
überhaupt, hätten aber nur exzellente Ergebnisse ein höheres Gehalt 
gerechtfertigt, wenn auch nicht um 50 Prozent.
Abseits von allen Neid- und Gerechtigkeitsdebatten bleibt die 
einfache Frage: Gibt es in Deutschland keinen einzigen Banker, der 
fähig und willens ist, zwei, drei Jahre lang für gut 40000 
Euro im Monat ein marodes Geldhaus zu sanieren? Wenn die Politik 
einen Shootingstar wie Guttenberg hervorbringt, dann sollte es unter 
den Abertausenden bestens ausgebildeten jungen Nadelstreiflingen doch
wohl eine Handvoll Qualifizierter geben, die genug Lust, 
Risikobereitschaft und Verantwortung mitbringen, um eine spannende 
Aufgabe wie den Wiederaufbau der Commerzbank in Angriff zu nehmen. 
Natürlich ist es ein Risiko, die Ribérys ziehen zu lassen. Aber hoch 
motivierter Nachwuchs kann auch erfolgreicher sein als gelangweilte 
Millionarios. Müller würde Größe zeigen, wenn er die Gierlappen 
ziehen lassen und sich zugleich seiner doppelten Verantwortung 
besinnen würde: Mäßigung und Erfolg.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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