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Lausitzer Rundschau: Die Linke nach Gysi Opposition wählt neue Fraktionsführung

Cottbus (ots)

Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch wenn Gregor Gysi heute offiziell als Fraktionschef der Linken abtritt, so bleibt er doch dem Bundestag erhalten, wo er für seine Partei noch gelegentlich reden wird. Nur eben als Hinterbänkler. Bei einem politischen Alphatier wie Gysi mag das kaum vorstellbar sein. Aber genauso dachte man einst auch über Joschka Fischer. Und irrte sich. Knapp ein Jahr nach der verlorenen Bundestagswahl im Jahr 2005 trat das grüne Schwergewicht damals den politischen Totalrückzug an. Und siehe da, die Grünen stehen heute - gemessen an den Umfragen - immer noch ungefähr dort, wo sie auch schon mit Fischer waren. Keiner ist eben unersetzbar. Gysi galt bei den Linken ebenfalls als Dompteur der zerstrittenen Parteiströmungen, die selbst vor offenen Anfeindungen, ja Hass, nicht haltmachten. Er war ein Meister des Moderierens. Seine beiden Nachfolger, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, dagegen verstanden sich bislang eher aufs Polarisieren. Sie für den radikalen Flügel, er für die Reformer und Pragmatiker der Partei. Kann das gut gehen? Die Startbedingungen sind zweifellos wenig berauschend. Erst kürzlich tauchte eine drei Jahre alte Liste auf, die Bartsch ins Zwielicht rückt. Sie stammte aus der Zeit schlimmster parteiinterner Grabenkämpfe, und der Gysi-Vertraute hatte darin die restlichen Führungsfiguren der Partei in ein "Freund-Feind-Schema" eingeteilt. Man kann das als Schnee von gestern abtun. Doch zeigt die Enthüllung zum jetzigen Zeitpunkt, dass bei den Linken noch immer reichlich Misstrauen vorhanden ist. Das eigentliche Problem dürfte jedoch die künftige Ausrichtung der Fraktion sein. Die ganz Linken unter den Linken haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass der politische Bösewicht Nummer eins für sie nicht die Union ist, sondern die SPD. Mit Sahra Wagenknecht wird diese Bösewicht-Denke nun gewissermaßen sogar führungstauglich. Ein solcher Kurs kann nur in die politische Isolierung führen. Bündnisse links von CDU und CSU sind damit unmöglich. Es wird im Fall Wagenknecht interessant sein, zu beobachten, ob und wie das Amt die Person verändert. Das gilt auch für Dietmar Bartsch. Letztlich sind die beiden Gysi-Erben eine Personifizierung jenes politischen Grundkonflikts, den die Linke, als sie noch PDS hieß, schon für sich geklärt hatte, der aber nach der Fusion mit der WASG, also den Linken im Westen, wieder aufgebrochen ist: Wie halten wir es mit dem Regieren? Gregor Gysi gebührt zweifellos das Verdienst, die Linke mittlerweile so etabliert zu haben, dass sie von ihren Gegnern respektiert wird. Wenn die Partei im Bund mehr als nur ewige Opposition sein will, dann ist das jedoch zu wenig. So gesehen werden Wagenknecht und Bartsch nicht nur moderieren müssen. Sie müssen integrieren - sofern das bei der Linken überhaupt noch möglich ist.

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