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Lausitzer Rundschau: Spiel mit der Unsolidarität Zum Streit über den Länderfinanzausgleich

Cottbus (ots)

Nicht, dass es keine Probleme gäbe. Nur noch drei Einzahler-, aber inzwischen 13 Nehmerländer, da läuft etwas schief beim Länderfinanzausgleich. Und ist Berlin, das den Löwenanteil bekommt, und zwar jedes Jahr mehr, nicht geradezu der Beweis der Leistungsfeindlichkeit dieses Systems? Es gibt Bedarf nach einer Reform. Aber eben nach Reform, nicht nach Abschaffung. Die Nehmerländer sperren sich ja gar nicht grundsätzlich gegen Veränderungen, es wird schon verhandelt. Bis 2019 muss es ohnehin Neuberechnungen geben, weil dann der Solidarpakt für den Osten ausläuft. Wenn Hessen und Bayern jetzt trotzdem beim Verfassungsgericht klagen, dann hat das vor allem einen Grund: Wahlkampf. Noch in jedem Land, wo reiche gegen arme Regionen stehen, finden sich Argumente, wie sie jetzt Bayern und Hessen anführen. Italiens Norden hat sie gegen den Mezzogiorno, Katalonien gegen Spanien, Flandern gegen Belgien. Und immer erzählen sie nicht die ganze Wahrheit. Das so scharf angegriffene Berlin zum Beispiel hat durch Krieg und Mauerbau unverschuldet seine wirtschaftliche Substanz verloren und genau jene Länder fett gemacht, die sich jetzt so dicke geben. Bayern mit der Elektroindustrie, Hessen mit den Banken. Hamburg mit den Verlagen. Und nun integriert Berlin auch noch die ausgeblutete ehemalige Hauptstadt der DDR. Außerdem nimmt die Stadt seit Jahrzehnten den Westländern die aufmüpfige, aber meist mittellose Landjugend ab, die dann Schwaben-Debatten auslöst. Vielleicht muss man Berlin und den andern Ostländern auf andere Weise helfen. Aber helfen muss man. Außerdem gibt es nicht nur Geldströme weg von den reichen Ländern, es gibt auch welche in sie hinein. Hessen und Bayern sind Sitz von Konzernzentralen und Banken. Die Körperschaftssteuer vieler bundesweit tätiger Firmen wird bei ihnen abgeführt und die Kapitalertragsteuer ebenfalls. Beide Länder können nicht im Ernst meinen, dass diese aus organisatorischen Gründen bei ihnen gelandeten Steuereinnahmen künftig nicht mehr umverteilt werden sollen. Oder die Gemeindefinanzen: Die in den Südländern aufgrund ihrer ökonomischen Stärke bessere Finanzkraft der Kommunen ist bisher im Länderfinanzausgleich noch gar nicht berücksichtigt. Oder die Ökostromumlage: Berliner oder nordrhein-westfälische Mieter zahlen auch für die vielen Solarpanele und Biogasanlagen auf bayerischen Höfen. Würde man alle diese Geldströme in eine wirkliche gerechte Reform einbeziehen, und nicht nur den Länderfinanzausgleich, der nur 2,5 Prozent des gesamten Steuervolumens der Länder betrifft, dann käme für die Geberländer eine weit geringere Entlastung heraus, als sie jetzt ihren Wählern suggerieren. Das ist das Gift dieser Klage nicht wert. Vorausgesetzt freilich, man bleibt bei dem im Grundgesetz festgehaltenen Ziel der "Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet". Zielt der Angriff in Wirklichkeit darauf? Dafür spricht der Vorschlag der beiden Länder, eine begrenzte Steuerautonomie der Länder einzuführen. Damit soll ein Wettrennen der Regionen mit Steuerdumping gestartet werden. Wer ist schneller, der mit dem rostigen Fahrrad oder der mit dem Porsche? So stellen sie es sich vor, auch die Bayern, die offenbar vergessen haben, dass sie einmal selbst Nehmerland waren. Die Menschen, die derartigen Verlockungen bei den Landtagswahlen folgen sollen, mögen sich selbst fragen, ob eine solche Politik am Ende wirklich bei ihnen ankommen würde, bei sozialen Leistungen, Kindergärten, Schulen. Erfahrungsgemäß hat Unsolidarität im Land den Armen noch nie genützt. Nirgendwo.

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