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Lausitzer Rundschau: Fehler und Affären versanden in Brandenburg
Verlassenes Land

Cottbus (ots)

Verkehrte Welt, kafkaeskes Brandenburg: 100 000
Hausbesitzer sollen jetzt für Abwasseranschlüsse zahlen, obwohl ihre 
Grundstücke schon seit Jahrzehnten an die Kanalisation angeschlossen 
sind. Sie sollen nachträglich an den Millionen-Kosten der nach 1990 
in die Mark geklotzten Großkläranlagen beteiligt werden, was damals 
versäumt worden war. Zahlungsbescheide über Tausende Euro - 
eineinhalb Jahrzehnte zu spät? Und das alles für längst finanzierte, 
vom Land einst mit Millionen und Abermillionen geförderte Anlagen? 
Merkwürdig, dass solch abenteuerliche Geschichten immer in 
Brandenburg passieren: Da war die Trennungsgeldaffäre, bei der 
höchste Richter, Staatsanwälte und Justizbeamte zu Unrecht Tausende 
Euro kassierten. Oder der Bodenreform-Skandal, bei dem sich das Land 
"sittenwidrig" Zehntausend fremde Grundstücke einverleibte. Da ist 
die Unsicherheit von 7500 Lehrern, die das Land rechtlich fragwürdig 
zu "Teilzeit-Beamten" ernannte. Und das noch nicht korrigierte, 
obwohl alle längst volle Stunden lehren und ein Fiasko vor dem 
Bundesverwaltungsgericht unausweichlich ist. Das hat nichts 
miteinander zu tun? Das Grundmuster ist gleich. Stets geht es um 
Altlasten aus der Stolpe-Ära, die das Land wohl noch ewig einholen 
werden. Wenn sie bekannt werden, ist der Umgang klassisch: Als 
Ouvertüre gibt es eine kurze Phase der Betroffenheit, des 
Aktionismus, der allgemeinen Aufregung, begleitet von vollmundigen 
Ankündigungen der Politik - ab einem bestimmten Grad der Empörung ist
eine Regierungserklärung des Minister- und Stimmungspräsidenten 
Matthias Platzeck (SPD) garantiert. Man verspricht, das Haus 
aufzuräumen, bis ziemlich schnell Ruhe einkehrt, alles im Klein-Klein
und im Sande versickert. Man merke: Schuldige, persönliche 
Konsequenzen gibt es im märkischen Kollektivstaat nie. Vielleicht ist
das der Brandenburger Weg, der in der Stolpe-Ära beschworen wurde: 
Keiner will's gewesen sein, und weil es keiner war, waren es eben 
alle. Zurücktreten kann ja niemand, weil die Kandidaten lange in 
Pension sind. Wohin diese Dauer-Affäre, das Prinzip 
Verantwortungslosigkeit, führt? Zu einem Verlust an Vertrauen in den 
Rechtsstaat, in die Gewalten, ja in Demokratie. Dass man jetzt etwa 
die "Altanschließer" zur Kasse bitten kann, basiert auf einem sehr, 
sehr spitzfindigen Urteil des Oberverwaltungsgerichts, wonach 
Satzungen, die in Brandenburg selbst nach 19 Jahren nicht gültig 
sind, auch nicht verjähren konnten. Juristisch mag das korrekt sein, 
vielleicht. Die Logik ist perfide. Kein Finanzamt kann noch 
Uralt-Steuern kassieren, nach fünf Jahren sind selbst die meisten 
Straftaten verjährt. Aber bei Abwasser-Beiträgen soll das möglich 
sein? Wenn der Landtag das nicht verhindert, wenn er sich 
opportunistisch hinter vermeintlichem Recht versteckt, nur versucht, 
Folgen zu mildern, Härtefälle zu entschärfen, dann geschieht in 
Wirklichkeit eins: Politik gibt ihren Gestaltungs- und 
Führungsanspruch auf. Dann ist Brandenburg ein Land, in dem man sich 
auf nichts mehr verlassen kann.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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