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Börsen-Zeitung: Politik pervers, Kommentar von Bernd Wittkowski zum Koalitionsstreit über die Gesundheitsreform

Frankfurt (ots)

Die Gesundheitsreform - und mit ihr die große
Koalition - stirbt langsam. Aber wenn sie endlich zu Grabe getragen 
sein wird, dann wird sie niemand vermissen: die sogenannte Reform 
nicht und das schwarz-rote Bündnis auch nicht. Angela Merkel, Kurt 
Beck und Co. produzieren beim zentralen Projekt ihrer Legislatur 
nichts als Murks, und wären nicht wenigstens die 
Unionsministerpräsidenten auf der Hut, würden die Kanzlerin, der 
SPD-Chef und die sozialdemokratische Ministerin Ulla Schmidt ihren 
Marsch in die Staatsmedizin ungeniert fortsetzen.
"Die Effizienz des Systems ist durch eine wettbewerbliche 
Ausrichtung zu verbessern", heißt es im Koalitionsvertrag vom vorigen
November im Kapitel "Gesundheit". Und: "Ein fairer Wettbewerb 
zwischen privaten Krankenversicherungen und gesetzlichen 
Krankenkassen muss auf den Erhalt eines pluralen Systems und der 
Kassenvielfalt zielen. Die freie Arzt- und Kassenwahl bleibt 
erhalten." Das ist die Wettbewerbslüge dieser Bundesregierung. Denn 
die will in Wahrheit von Wettbewerb im Gesundheitswesen nichts 
wissen. Ihre Reform läuft auf die Zentralisierung und 
Bürokratisierung des Beitragseinzugs und auf die Zuteilung von 
Leistungen hinaus, auf den Einheitsbeitrag, das Einheitshonorar und 
die Einheitskasse, auf die Kollektivierung der privaten 
Krankenversicherung. Die funktioniert und ist - anders als die 
gesetzlichen Kassen - dank Kapitalbildung auch "demografiefest", 
passt aber nicht ins sozialistische Weltbild von Merkel und Schmidt. 
Politik pervers: Ausgerechnet jenen Teil des Systems, der noch gesund
ist, will Schwarz-Rot plattmachen.
Diese Koalition regiert nach dem Motto "Allein gegen alle": gegen 
gesetzliche Kassen und private Versicherer, gegen Ärzte und 
Krankenhäuser, gegen Pharmaindustrie und Apotheker, nicht zuletzt 
gegen Patienten, egal ob "gesetzlich" oder "privat" versichert. Aber 
diese Politik ist längst gescheitert, Merkel und Beck drücken sich 
nur noch davor, ihr Versagen einzugestehen. Heute sind es die 
Zusatzbeiträge, über die man sich nicht einigen kann, morgen wird es 
der Finanzausgleich sein, übermorgen der dreiste Versuch, gesetzliche
und private Versicherung gleichzuschalten. Dieses Reformprojekt ist 
nicht zu retten. Nicht von dieser Koalition. Und so grundfalsch, wie 
das Projekt angelegt ist, kann man nur sagen: zum Glück ist es nicht 
zu retten.
(Börsen-Zeitung, 23.9.2006)

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