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China fällt in Ohnmacht, Kommentar zum Corona-Kurs von Norbert Hellmann

Frankfurt (ots)

Wenn einem durch und durch unwürdigen Spektakel auch noch auf besonders unwürdige Weise ein Ende bereitet wird, fällt es schwer, von "Ende gut, alles gut" zu sprechen. Nun denn, am 8. Januar soll alles wieder gut und China wieder offen sein. Dann streicht die chinesische Regierung restliche Einreiseschikanen und Quarantänebeschränkungen. Damit setzt Peking den Schlussakzent seines binnen drei Wochen vollzogenen Komplettausstiegs aus Corona-Restriktionen, die unter dem Stichwort Null-Covid-Politik traurige Berühmtheit erlangt haben. Von nun an können Ausländer wieder reguläre Visa für geschäftliche, touristische oder familienbedingte Reisen nach China erhalten und müssen nach dem Grenzübertritt keine tage- oder wochenlange Zwangsquarantäne mehr absitzen. Umgekehrt sollen Chinesen die Möglichkeit erhalten, nach eigenem Gusto ein Flugticket zu kaufen und ohne Sondergenehmigung eine Reise ins Ausland anzutreten.

An den Märkten ist die Nachricht von der in Kürze bevorstehenden Rückkehr zur Normalität in Sachen Einreisemodalitäten nach China positiv bewertet worden. Es geht nicht nur um Erholungschancen in der Flug- und Tourismusbranche. Vielmehr winkt nach einem fast dreijährigen Vakuum die Chance auf die präpandemisch übliche Pflege persönlicher Wirtschaftskontakte mit dem Rest der Welt. Chinesische Staatsmedien jubeln über eine angeblich prickelnde Atmosphäre mit greifbarer Aufbruchsstimmung und rasch wachsendem Konsum- und Wirtschaftsvertrauen. Tatsächlich ist davon nichts zu sehen und zu spüren.

Die wenigsten Chinesen kommenden auf den Gedanken, sich vom Gefühl der Rückkehr zu einer paradiesischen Normalität mit freier Wirtschafts- und Konsumentfaltung berauschen zu lassen. Vielmehr herrscht nackte Angst und ein geradezu lähmendes Ohnmachtsgefühl gegenüber der tsunamiartigen Corona-Ansteckungswelle, die sich mit dem abrupten Wechsel von einer ultraharten zu einer ultralaxen Politik über das Land ergießt. Die von überharten Restriktionen geschwächte Wirtschaft droht auf unbestimmte Zeit zunächst weiter lahmgelegt zu werden. Chinas führende Metropolen haben in den drei Wochen seit der Aufgabe von Restriktionen und der Abschaffung von Testverfahren nicht etwa in eine gewohnt brodelnde Normalität zurückgefunden, sondern sich in regelrechte Geisterstädte verwandelt, deren Aktivitätsniveau dem zu Zeiten eines harten Lockdown ähnelt.

Zwar hat die Regierung eine offizielle statistische Erfassung von Fallzahlen oder Testergebnisse abschaffen lassen, dennoch kursieren Angaben aus internen Behörden-Meetings, die eine dramatische Virusausbreitung anzeigen. In den ersten zwanzig Dezembertagen sollen sich mindestens 250 Millionen Chinesen - knapp 20 % der Gesamtbevölkerung - angesteckt haben. Nun breitet sich die Infektionswelle von den Großstädten mit bereits stark überlasteten Gesundheitseinrichtungen in ländliche Regionen mit wesentlich rudimentäreren Krankenversorgungssystemen aus und wird für wirtschaftlich schlechter gestellte und sozial kaum abgesicherte Bevölkerungsschichten zu einer echten Bedrohung. Bei aller Freude über Perspektiven einer Rückkehr zur "Normalität" muss China zunächst das böse Erwachen aus einer völlig verfehlten Coronapolitik meistern.

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