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Pipeline-Politik
Kommentar zu den US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots)

Das Ringen um Nord Stream 2 ist ein Kampf um Wirtschaftsinteressen, der mit den Mitteln und unter dem Deckmantel staatlicher politischer Macht ausgetragen wird. Die 10 Mrd. Euro teure Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland rückt derzeit auf der Liste der Konflikte zwischen Berlin und Washington ganz nach oben. Schon lange kritisiert US-Präsident Donald Trump den deutschen Handelsüberschuss oder den mit 40 Mrd. Euro zu niedrigen Verteidigungshaushalt, der laut Nato-Vereinbarung fast doppelt so hoch ausfallen müsste. Jetzt wirft er Deutschland vor, mit der Pipeline Europa zur Geisel Russlands zu machen.

Russland liefert schon jetzt mehr als ein Drittel von dem Erdgas, das in Europa verbraucht wird. Bald wird es mehr. 2.300 Kilometer Gasrohre sind schon verlegt. Es fehlen nur noch 160 Kilometer an Nord Stream 2. Damit sie nicht fertig werden, haben die US-Senatoren Ted Cruz und Ron Johnson dem Schweizer Rohrverlegeschiff-Unternehmen Allseas vorerst erfolgreich gedroht. Die Arbeiten ruhen - bis zu einer Einigung.

Die wird schwierig. In dem Konflikt sind viel Theaterdonner und viele Täuschungsmanöver im Spiel. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet Nord Stream 2 als ein reines Wirtschaftsprojekt. Es wird zur Hälfte von den westlichen Energiekonzernen Uniper, Wintershall, Shell, Engieund OMV finanziert. In Wahrheit ist Nord Stream 2 nicht so unpolitisch wie behauptet: Russlands Staatshaushalt ist von den Einnahmen aus dem Gasverkauf wohl ebenso abhängig wie Deutschlands Heizungen vom Gas im Winter. Die Drohung damit, das Gas nicht in Russland zu kaufen, sondern stattdessen aus den USA oder aus Katar per Tanker anliefern zu lassen, wäre durchaus ein probates zusätzliches Mittel, um Russland von Vorstößen wie der illegalen Annexion der Krim in Zukunft abzuhalten. Doch das Interesse am billigen Gas überwiegt.

Die amerikanische Seite verhält sich indes nicht ehrlicher: Hinter den US-Sanktionen gegen die am Pipelinebau beteiligten Unternehmen steckt nicht die Sorge um Europas Abhängigkeit vom russischen Gas, sondern das Interesse der US-Fracking-Industrie am Verkauf von teurerem Flüssiggas, das per Tanker nach Europa geliefert würde. Die US-Sanktionen gegen europäische Unternehmen sind deshalb eine veritable Unverschämtheit. Gegensanktionen wären dennoch das falsche Mittel, weil sie eine Kettenreaktion auslösen. Deutschland wird die Sache aussitzen müssen. Es werden sich schon Unternehmen finden, die die Pipeline fertig bauen.

(Börsen-Zeitung, 24.12.2019)

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