Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Fair bleiben, Kommentar zum Auftritt von EZB-Chef Draghi im Bundestag von Mark Schrörs

Frankfurt (ots)

So sehr sich die Europäische Zentralbank (EZB) auch bemüht, den Besuch von Notenbankchef Mario Draghi am Mittwoch im Bundestag herunterzuspielen - das ist ohne Frage ein ebenso besonderer wie heikler Termin. Das gilt erst recht nach der verbalen Fehde zwischen Unionspolitikern und der EZB im Frühjahr, die gar in CSU-Forderungen gipfelte, Draghis Nachfolger müsse ein Deutscher werden - und angesichts einer möglichen neuerlichen Ausweitung der ultralockeren Geldpolitik. Eine erneute Eskalation aber darf es nicht geben. Ein Showdown würde - unabhängig vom Ausgang - beiden Seiten immens schaden.

Die Abgeordneten wollen Draghi in die Mangel nehmen. Das ist nicht nur ihr gutes Recht, sondern aktuell ihre Pflicht. Tatsächlich nimmt der Nutzen jeder weiteren EZB-Maßnahme ab, während die Risiken vor allem für die Finanzstabilität rasant steigen. Davor hat selbst Draghis Intimus Benoît Coeuré gewarnt. Die Zentralbank der Zentralbanken BIZ mahnt sogar, womöglich sei der Punkt erreicht, an dem die Geldpolitik mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet. Die Kritik muss aber fair und sachlich bleiben. Debatten über die "richtige" Nationalität des EZB-Präsidenten sind irrwitzig.

Die Politik, auch jene in Berlin, kann zudem nicht ihre Hände in Unschuld waschen. Es stünde ihr frei, Vorteile durch die Milliarden-Einsparungen bei der Zinslast an die um ihre Altersvorsorge besorgten Bürger weiterzureichen. Vor allem aber könnte auch Berlin aktuell einiges dafür tun, dass es der Euro-Wirtschaft besser geht. Das meint nicht plumpe schuldenfinanzierte Konjunkturpakete. Aber mehr Investitionen vor allem in Bildung und weitere Strukturreformen könnten für nachhaltig mehr Wachstum sorgen. Immer neue (Renten-)Wahlgeschenke und das Zurückdrehen von Reformen bewirken das genaue Gegenteil.

Draghi seinerseits muss die Sorgen der Deutschen ernst nehmen - auch wenn er nicht alle versteht. Das große Misstrauen der Deutschen muss ihn alarmieren. Vertrauen ist das wichtigste Gut jeder Zentralbank. Solange sich die Wirtschaft robust zeigt und mehr Inflation absehbar sind, sollte die EZB nicht schon wieder die geldpolitische Brechstange herausholen. Insbesondere aber muss Draghi klar machen, dass die EZB einen Plan für den Ausstieg aus der beispiellosen Geldschwemme hat. An einer solchen Perspektive mangelt es bisher.

Es wäre verheerend, wenn die EZB und die Geldpolitik nach oder neben der Flüchtlingskrise zum Wahlkampfschlager wird. Die Attacken von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump auf die US-Notenbank Fed belegen, dass davon nur eine Seite profitieren würde - die Populisten.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 26.09.2016 – 20:30

    Börsen-Zeitung: Versprechen eingelöst, Kommentar zu Lanxess von Annette Becker

    Frankfurt (ots) - Gut zwei Jahre nach der hausgemachten Krise schlägt der Chemiekonzern Lanxess mit der größten Akquisition der Firmengeschichte ein neues Kapitel auf. Zwar handelt es sich bei der 2,4 Mrd. Euro schweren Übernahme nicht um eine Transaktion, die das Erscheinungsbild von Lanxess vom Grunde auf ändert. Doch löst das Management seine Versprechen ein. ...

  • 23.09.2016 – 20:30

    Börsen-Zeitung: Hoffen auf Algier, Kommentar zum Ölmarkt von Dieter Kuckelkorn

    Frankfurt (ots) - Wenn sich am Montag und Dienstag die internationale Ölbranche auf dem International Energy Forum in Algier trifft, wird es um nicht weniger gehen als darum, wie sich der Ölpreis in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird. Denn im Rahmen der Konferenz werden sich die Energieminister der großen Öl produzierenden Länder treffen. Sie wollen ...

  • 22.09.2016 – 20:55

    Börsen-Zeitung: Auf tönernen Füßen, Kommentar zur Erbschaftsteuer von Angela Wefers

    Frankfurt (ots) - In letzter Minute haben sich die Vertreter von Bund und Ländern im Vermittlungsausschuss eine Riesenblamage erspart. In der Nacht zum Donnerstag brachten sie noch einen Kompromiss zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer zustande, der bis Mitte Oktober Bundestag und Bundesrat passiert haben dürfte. Die Richter am höchsten Gericht hatten allzu ...