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Börsen-Zeitung: Ohne Orientierung Kommentar zur Zinserhöhung der EZB, von Jürgen Schaaf.

Frankfurt (ots)

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) nach der
gestrigen Zinserhöhung einen Ausblick auf ihre weiteren Maßnahmen 
gegen die aus dem Ruder laufende Inflation verweigert hat, ist 
konsequent. Die Währungshüter wissen nämlich selber nicht, wie es 
weitergehen soll nach dem Beschluss, den kurzfristigen Schlüsselzins 
für den Euroraum um 25 Basispunkte auf 4,25% zu hieven. Mit der 
Formulierung "I have no bias" - sinngemäß übersetzt: "Ich bin nach 
allen Seiten offen" - hat Notenbankchef Jean-Claude Trichet den 
kleinsten gemeinsamen Nenner des EZB-Rats zum Ausdruck gebracht. Zu 
zerrissen ist das geldpolitische Gremium derzeit, um über den Tag 
hinaus eine klare Linie zu beschließen beziehungsweise zu verkünden. 
Die sich zunehmend eintrübenden Wachstumsaussichten im Euroraum 
sprechen inzwischen klar für Zinssenkung. Das Inflationsniveau von 
derzeit 4% und der scheinbar grenzenlos steigende Ölpreis schreien 
dagegen nach weiter steigenden Zinsen.
Die bisherige Hoffnung und Argumentationslinie der EZB war und 
ist, dass eine Notenbank nichts ausrichten kann gegen drastisch 
steigende Rohstoffpreise. Da muss man durch. Solange die 
Inflationserwartungen auf einem niedrigen Niveau verankert bleiben 
und damit nicht die Kalkulationsgrundlage der Tarifparteien und 
Finanzmärkte strukturell anheben, ist eine Notenbank nicht dazu 
gezwungen, mit höheren Zinsen dagegenzuhalten. Mittelfristig findet 
die Inflationsrate dann wieder zurück auf ihren vorgesehenen 
Stabilitätspfad.
Das ist im Prinzip richtig. Nur: Man kann es drehen und wenden, 
wie man will, und jeden Indikator heranziehen, der nur annähernd in 
Frage kommt: Die Inflationserwartungen sind bereits genauso stark 
gestiegen, wie die Inflationsprämien in Finanzprodukten, Löhnen und 
Gütern des täglichen Bedarfs zugelegt haben.
Die Hoffnung, dass diese kleine Zinserhöhung die 
Inflationserwartungen demnächst wieder unter die Stabilitätsmarke 
drücken wird, wäre naiv bis fahrlässig. Auch ein beschleunigter 
Abschwung in der Eurozone wird dies nicht leisten können. Anders als 
Trichet sprechen Daten und Fakten eine klare Sprache: Die EZB wird im
Laufe des Jahres noch einmal nachlegen müssen - selbst wenn ein Teil 
der Währungshüter dies jetzt noch nicht wahrhaben will.

Pressekontakt:

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