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Der Tagesspiegel: Länderinnenminister erheben Vorwürfe gegen Schily

Berlin (ots)

In der Visa-Affäre haben zwei Länderinnenminister
dem Bundesinnenminsterium schwere Vorwürfe gemacht. Da das Schily-
Ministerium von den Missständen in der deutschen Botschaft in Kiew
gewusst habe, hätte es die Länder warnen müssen, sagte Bayerns
Innenminister Günther Beckstein (CSU) dem Berliner "Tagesspiegel"
(Montagsausgabe). Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU)
warf Bundesminister Otto Schily (SPD) vor, das Thema nicht auf die
Tagesordnung der Innenministerkonferenz gesetzt zu haben.
Beckstein sagte, dass es „aufgrund von Hinweisen auf ganz massiven
Missbrauch" schon im Mai 2001 eigene Arbeitstagungen im
Bundeskriminalamt mit Ländervertretern gegeben habe. Auch auf der
Innenministerkonferenz sei das Thema behandelt worden, allerdings nur
auf Arbeitsebene. Er könne „nicht beurteilen, ob das bei Schily
persönlich angelangt ist", so Beckstein. Der Ausschuss müsse deshalb
dringend prüfen, ob und wo die Informationen „vergammelt" sind.
Er habe sich am 12. April 2000 in der Sache auch an Schily
gewandt, aber keine förmliche Antwort erhalten. Die Probleme mit den
Schleuserbanden seien in den Ländern nur „wie Sternschnuppen"
angekommen, sagte Beckstein. „Die wirkliche Größe des Problems
konnten wir nicht sehen, da wir keinen Zugriff auf Informationen aus
Kiew hatten."
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm warf Schily vor,
geeignete Gegenmaßnahmen dadurch verhindert zu haben, dass er die
Länder nicht informierte. „Wir konnten die Einzelheiten nicht
wissen", sagte er. „Schily hätte uns sagen müssen: Achten Sie darauf,
ich will, dass da nichts anbrennt". Dann, so Schönbohm, hätten die
Innenminister ihre Landeskriminalämter und auch die Ausländerbehörden
ganz anders instruieren können. „Dafür hätte das Thema aber auf die
Tagesordnung der Innenministerkonferenz gesetzt werden müssen." Zwar
meint Schönbohm selbst, dass auch die Länderminister das Thema auf
die Tagesordnung hätten bringen können - allerdings nicht ohne genaue
Kenntnis der Brisanz.
Der Vizepräsident des Europaparlaments, Ingo Friedrich (CSU),
sagte dem Tagesspiegel, es spreche alles dafür, dass das Schengener
Abkommen durch die deutsche Visa-Praxis verletzt wurde. Dies müsse
nun genau geprüft werden. In Straßburg betrachte man es als
„Riesenskandal, dass hier mit einer Million Menschen fast Roulette
gespielt worden ist". Nun müssten Experten prüfen, wo und wie genau
gegen das Abkommen verstoßen wurde. Für ihn sei gut nachvollziehbar,
dass sich andere Staaten „hinters Licht geführt" fühlten. Inwiefern
die damals zuständige Kommission unter Romano Prodi von sich aus
hätte Alarm schlagen müssen, könne er nicht beurteilen, sagte
Friedrich. „Sicher kommt hier mit rein, dass sich die Kommission
einem Staat wie Deutschland gegenüber besonders vorsichtig verhält."
Für Rückfragen: Barbara Junge 26009-429/ Rainer Woratschka -402
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

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Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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