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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Ute Vogt: "Ich bin zuversichtlich, dass die Wehrpflicht kippt"

Berlin (ots)

Berlin - Die Landeschefin der SPD in
Baden-Württemberg, Ute Vogt, geht davon aus, dass die Wehrpflicht
abgeschafft wird. Einen entsprechenden Beschluss der SPD erwartet sie
dennoch nicht vor dem Parteitag im November kommenden Jahres. "Eine
lange Diskussion kann der Sache nur gut tun", so Vogt. Dem
Tagesspiegel sagte Vogt, sie sei "zuversichtlich, dass die
Wehrpflicht kippt" und sie werde "an einer Mehrheit arbeiten". Das
Argument von Verteidigungsminister Peter Struck, eine Abschaffung der
Wehrpflicht hätte die Schließung weiterer Bundeswehrstandorte zur
Folge, trägt ihrer Ansicht nach nicht. "Standortschließungen sind
kein schlagendes Argument, wenn es um Freiheitsrechte und
Wehrgerechtigkeit geht", sagte Vogt.
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an: Der Tagesspiegel,
Ressort Politik, Telefon 26 009 295. Es folgt das Interview im
Wortlaut:
Frau Vogt, erinnern Sie sich noch, wann Sie das erste Mal die
Abschaffung der Wehrpflicht gefordert haben?
Das ist schon Jahre her. Wahrscheinlich war es Mitte der 90er
Jahre. Damals war ich noch Teil einer kleinen Minderheit in der SPD.
Aber je länger wir über das Thema diskutieren, desto größer wird die
Zahl derjenigen, die ein Ende des Zwangsdienstes verlangen. Es wird
ja auch immer klarer: Die Wehrpflicht passt nicht mehr zu einer
Bundeswehr, die sich zu einer Armee für den weltweiten Einsatz in
Krisengebieten wandelt. Für solche Aufgaben müssen Soldaten länger
ausgebildet werden, als dies bei Wehrpflichtigen möglich ist.
Außerdem lässt sich die Wehrpflicht als Eingriff in die
Freiheitsrechte des Einzelnen nicht mehr rechtfertigen. Nach dem
Grundgesetz legitimiert sich der Zwangsdienst durch die Notwendigkeit
zur Landesverteidigung. Diese Rechtfertigung ist mit der europäischen
Einigung und dem Ende des Kalten Krieges de facto entfallen.
Warum trifft die SPD auf ihrem Kongress zur Wehrverfassung am
Samstag nach jahrelanger Debatte keine Entscheidung?
Einen Beschluss mit so großen Folgen für die Bundeswehr kann nur
ein Parteitag fassen. Die SPD wird im November 2005 über die
Wehrpflicht entscheiden. Eine lange Diskussion kann der Sache nur gut
tun. Wir müssen ja auch über die Konsequenzen beraten - zum Beispiel
darüber, wie der Zivildienst als freiwilliger Dienst fortgesetzt
werden kann.
Glauben Sie, dass die SPD ein Jahr vor der Bundestagswahl
tatsächlich einen Beschluss zur Abschaffung des Zwangsdienstes
riskiert?
Ich halte das nicht für ein Wagnis. Das Thema bewegt die
Bundeswehr und natürlich die Wehrpflichtigen. Aber für die breite
Bevölkerung spielt es nicht die entscheidende Rolle. Ich bin
zuversichtlich, dass die Wehrpflicht kippt und werde an einer
Mehrheit arbeiten.
Ihr Parteikollege, Verteidigungsminister Peter Struck, warnt vor
Mehrkosten in Milliardenhöhe und der Schließung von bis zu 60
weiteren Bundeswehrstandorten.
Standortschließungen sind kein schlagendes Argument, wenn es um
Freiheitsrechte und Wehrgerechtigkeit geht.
Welche Einwände der Wehrpflicht-Befürworter nehmen Sie denn ernst?
Wir müssen darüber reden, wie eine Berufsarmee qualifizierten
Nachwuchs gewinnen kann und wie die Bundeswehr als demokratische
Armee weiter in der Gesellschaft verankert bleibt. Das sind die
größten Sorgen der Wehrpflichtanhänger. Ich glaube aber, dass sie
unbegründet sind. Für qualifizierten Nachwuchs kann man durch ein
gutes Auswahlverfahren und angemessene Besoldung sorgen. Und die
demokratische Verankerung der Bundeswehr ist inzwischen so stark,
dass ein Umbau zur Berufsarmee daran nichts ändern würde.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

Original-Content von: Der Tagesspiegel, übermittelt durch news aktuell

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