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Der Tagesspiegel: Wirtschaftsforscher uneins über Folgen eines Mindestlohns

Berlin (ots)

Ökonomen sind uneins über die Wirkung eines
gesetzlichen Mindestlohns. „Ein Mindestlohn von 1400 Euro, wie von
Verdi gefordert, wäre unter Beschäftigungsgesichtspunkten eine
definitiv falsche Maßnahme“, sagte Wolfgang Wiegard, Chef des
Wirtschafts- Sachverständigenrates, dem „Tagesspiegel“
(Dienstagausgabe). Schon jetzt seien vor allem gering Qualifizierte
von Arbeitslosigkeit betroffen. „Hohe Mindestlöhne würden diese
Arbeitslosigkeit noch weiter erhöhen, weil sich die Beschäftigung von
Personen mit geringer Arbeitsproduktivität dann für ein Unternehmen
immer weniger rechnet“, erklärte der Professor. Für mehr
Beschäftigung gering Qualifizierter seien hingegen sinkende Löhne
erforderlich. Sie müssten „aber gegebenenfalls durch staatliche
Transfers aufgestockt werden, so dass in der Summe ein ausreichendes
Einkommen zur Verfügung steht“.
Ulrich Walwei, Vizechef des Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung (IAB), warnte, auch „gering bezahlte Beschäftigte
könnten mit einem Mindestlohn ihre Stelle verlieren“. Denn der Staat
würde ihre Arbeitgeber dann zwingen, ihnen mehr zu bezahlen. „Und oft
passt der Mindestlohn dann nicht mehr zur Produktivität – das kann
schon ab einem Mindestlohn-Level von fünf Euro der Fall sein“, befand
er.
Dagegen begrüßte Michael Burda die Idee eines Mindestlohns. Der
Ökonomie-Professor an der Berliner Humboldt-Universität sagte: „Ein
Mindestlohn wäre psychologisch wichtig, um die öffentliche
Unterstützung der Reformen nicht zu verspielen.“ Würden im Zuge der
Hartz-Reformen tatsächlich Ein- oder Zwei-Euro-Jobs im großen Stil
eingeführt, „hätten wir schlimmere Verhältnisse als in den USA mit
den so genannten ,Working poor’.“ Wenn als Folge innerhalb eines
Unternehmens für die gleiche Tätigkeit unterschiedlich viel gezahlt
würde, gäbe es Unfrieden – „das wäre auch wirtschaftlich schlecht“,
so Burda. Ein Mindestlohn solle bei vier Euro pro Stunde liegen,
„brutto hätten wir dann etwa ein Mindestlohn-Niveau wie in den USA“.
Wissenschaftlich gebe es wenig Belege dafür, dass ein angemessener
Mindestlohn kurzfristig Jobs vernichte. Langfristig sei dies
allerdings der Fall. Burda: „Wenn man einen Mindestlohn einführt,
muss man deshalb parallel dazu den Arbeitsmarkt umfassend reformieren
und flexibilisieren. Dann kommt man eines Tages auch wieder ohne
Mindestlohn aus.“
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Ressort Wirtschaft, Telefon 030/26009-260
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

Original-Content von: Der Tagesspiegel, übermittelt durch news aktuell

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