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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Ausländerexperte Renner kritisiert Zuwanderungskompromiss als unzureichend

Berlin (ots)

Der Marburger Ausländerrechtsexperte Günter Renner
hat den Zuwanderungskompromiss als unzureichend kritisiert. "Das
Gesetz hat unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit um die besten
Köpfe nicht verbessert", sagte er dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe).
Für die Zukunft reiche das Gesetz "unter keinen Umständen", da die
Anwerbung Hochqualifizierter nicht genüge.
Renner war Berater im Gesetzgebungsverfahren, ist Mitherausgeber
eines Kommentars zum Staatsangehörigkeitsrecht und Richter am
Hessischen Verwaltungsgerichtshof. Anbei erhalten Sie das Interview
im Wortlaut
Herr Renner, wer außer den Politikern kann mit dem Gesetz
zufrieden sein?
Ausländer werden mit dem neuen Gesetz besser planen und leben
können, das Recht wird übersichtlicher. Das stärkt auch die Akzeptanz
in der deutschen Bevölkerung. Und die Wirtschaft kann
Hochqualifizierte jetzt besser anwerben.
Sind wir jetzt ein Einwanderungsland?
Anders als ursprünglich vorgesehen, ist der Anwerbestopp
geblieben. Damit fehlt das klare Signal, dass wir aus ökonomischen
wie aus demografischen Gründen auf Zuwanderung angewiesen sind.
Werden mehr Menschen kommen?
Das hängt nicht vom Gesetz ab, sondern allein von der
wirtschaftlichen Entwicklung – und davon, ob die Unternehmer neue
Arbeitskräfte anwerben. Macht das Gesetz Deutschland für
Hochqualifizierte attraktiver?
Nein. Dafür müssten wir auch deren Familien willkommen heißen und
ihnen freien Zugang zum Arbeitsmarkt und zur kostenlosen
Kinderbetreuung ermöglichen. Das Gesetz hat unsere internationale
Wettbewerbsfähigkeit im Werben um die besten Köpfe nicht verbessert.
Die Union warnt vor Einwanderung in die Sozialhilfe. Wird es die
geben?
Die gab es nie. Was vorkommt ist, dass Ausländer erst arbeiten, dann
aber wegen ihrer häufig schlechten Qualifikation überproportional
arbeitslos werden. Daran sind wir selbst schuld, weil wir bewusst
Gerinqualifizierte angeworben haben. Und die Wirtschaft tut das bis
heute, obwohl es genug deutsche
Geringqualifizierte gibt. Der Anwerbestopp ist durchlöchert wie
ein Schweizer Käse. 80 Prozent der Angeworbenen sind
minderqualifiziert. Daran wird sich nichts ändern.
Reicht das Gesetz für die Zukunft?
Unter keinen Umständen. Es kommen nicht genug Ausländer, das
werden wir schon in fünf Jahren sehen Es geht nicht darum alle Kinder
der Welt aufzunehmen, aber nur mit ein paar Hochqualifizierten werden
wir unsere Systeme nicht stabilisieren können. Hilft das Gesetz bei
der Integration?
30 Prozent der Ausländer kommen ohnehin aus EU-Staaten.
Spätaussiedler und Asylberechtigte haben früher schon Sprachkurse
bekommen, die durch das Gesetz nur neu organisiert werden. Ehefrauen
einfacher Arbeitnehmer, die kein Deutsch lernen, stellten vor allem
in der Vergangenheit ein Problem dar. Trotzdem gab es Defizite, bei
denen man auf das neue Gesetz zumindest hoffen darf.
Wird Deutschland sicherer?
Wir haben die Ausweisungsmöglichkeiten nach dem 11. September 2001
verschärft. Mir ist bislang kein Fall bekannt, bei dem dies nicht
genügt hätte. Neu ist, dass der Innenminister in besonderen Fällen
bestimmt, wer sofort abgeschoben wird – ohne an irgendwelche
vorangegangene Behördenentscheidungen gebunden zu sein. Der
Umweltminister darf auch nicht einfach Atomkraftwerke einreißen, wenn
er es für nötig hält.
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Ressort Politik, Telefon 030/26009-389
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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