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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Industrie unterläuft zentrale Bestimmungen der neuen Verpackungsverordnung

Berlin (ots)

Jedes dritte Unternehmen verweigert vorgeschriebene
Angaben zu Menge, Art und Entsorgung der lizenzierten Verpackungen - 
Länderbehörden verzichten auf Kontrolle und laden so zum Betrug auf 
Kosten der Umwelt ein - Nach ersten Stichproben mahnt Deutsche 
Umwelthilfe 44 Unternehmen ab - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen 
Resch fordert Bundesländer auf, das hochwertige Recycling von 
Verpackungen durch "systematische Kontrollen und Sanktionen bei 
Gesetzesverstößen" sicherzustellen
Die im vergangenen Jahr nach langer Diskussion novellierte 
Verpackungsverordnung bringt nach Recherchen der Deutschen 
Umwelthilfe e.V (DUH) nicht die erhoffte Transparenz und 
Gerechtigkeit für den Entsorgungsmarkt. Im Gegenteil: Die seit 
Verabschiedung der 5. Novelle vorgeschriebene Hinterlegung einer so 
genannten "Vollständigkeitserklärung" für die in Verkehr gebrachten 
Verpackungen wird bisher von rund einem Drittel der verpflichteten 
Unternehmen ignoriert.
Die Vollständigkeitserklärungen müssen nach der neuen 
Verpackungsverordnung etwa 3.000 bis 4.000 Unternehmen, die 
Verkaufsverpackungen einsetzen, jährlich zum 1. Mai bei den örtlich 
zuständigen Industrie- und Handelskammern hinterlegen. Die 
Erklärungen beinhalten von externen Dritten wie Wirtschaftsprüfern 
oder Steuerberatern geprüfte Angaben zu den jeweils von den 
Unternehmen für ihre Waren im Vorjahr eingesetzten Verpackungen. 
Außerdem müssen die Unternehmen Angaben über die Entsorgung der 
Verpackungen machen und über ihre Beteiligung an der so genannten 
haushaltsnahen Wertstoffsammlung informieren. Verstöße gegen die 
Regelungen, die in § 10 der novellierten Verpackungsverordnung 
festgelegt sind, stellen Ordnungswidrigkeiten dar, die nach dem 
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes mit Geldbußen bis zu 50.000 
Euro geahndet werden können.
Die DUH hat das Register der Vollständigkeitserklärungen, das 
öffentlich zugänglich ist, untersucht und gravierende Missstände bei 
der Umsetzung dieses zentralen Bausteins der neuen 
Verpackungsverordnung festgestellt. "Vollständig ist an den 
Vollständigkeitserklärungen bisher gar nichts", stellte 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch fest. Bis zur vergangenen 
Woche (1. Oktober), also fünf Monate nach dem in der Novelle 
festgelegten Stichtag, haben nach der DUH-Recherche nur rund 2.000 
Unternehmen eine Vollständigkeitserklärung bei den Industrie- und 
Handelskammern hinterlegt. "Damit verstößt mindestens jedes dritte 
der verpflichteten Unternehmen gegen die Verpackungsverordnung. Diese
Unternehmen verschaffen sich einen ungerechtfertigten 
Wettbewerbsvorteil - denn wer darauf verzichtet, seine Verpackungen 
korrekt zu lizenzieren und zu melden, spart bares Geld", sagte Resch.
Zuständig für die Kontrolle sowohl der Abgabe der 
Vollständigkeitserklärungen, als auch ihrer inhaltlichen Richtigkeit 
sind die Bundesländer. Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, 
die bei den Verhandlungen über die 5. Novelle der 
Verpackungsverordnung das Recht auf Einsichtnahme in die 
Vollständigkeitserklärungen sowie in die hinterlegten 
Mengenstromnachweise der verwerteten Verpackungsabfällen gefordert 
hatten, waren seinerzeit abgewiesen worden. Die DUH hatte gewarnt, 
dass das Instrument der Vollständigkeitserklärungen ohne Einsichts- 
und Kontrollmöglichkeiten Dritter ein zahnloser Tiger bleiben werde. 
"Ohne Kontrollen und Sanktionen fühlen sich viele Unternehmen zu 
Missbrauch und Regelverstößen geradezu eingeladen. Die Informationen 
über den erschreckend hohen Anteil an offensichtlich gesetzeswidrig 
operierenden Unternehmen bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen.
Die Unternehmen können durch den Verzicht auf vollständige 
Offenlegung der von ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen viel 
Geld sparen und lassen sich nicht zweimal bitten. Leidtragende sind 
die Umwelt und die seriösen Unternehmen", kritisierte Resch.
Aus Sicht der DUH sei bei der vorhandenen Gesetzeslage weitgehend 
unklar, nach welcher Systematik und mit welchen Vergleichszahlen die 
Behörden die Richtigkeit der Inhalte der hinterlegten 
Vollständigkeitserklärungen prüfen können, wenn sie es denn überhaupt
versuchten. Ernüchterndes Ergebnis jahrelanger Anstrengungen für eine
bessere Transparenz bei der Verpackungsentsorgung sei deshalb derzeit
ein unvollständiger und nach wie vor undurchsichtiger 
Zahlendschungel, den niemand durchleuchtet.
Auf Basis von Stichproben-Recherchen hat die DUH Unternehmen 
ausfindig gemacht, die (bis zum 1. Oktober) keine 
Vollständigkeitserklärung abgegeben hatten. Darunter finden sich auch
namhafte Unternehmen wie Black&Decker, Royal Greenland, Bacardi oder 
Lands' End. Im Rahmen dieser ersten Stichprobe hat die DUH inzwischen
44 Unternehmen angemahnt, die verspätete Abgabe der 
Vollständigkeitserklärungen zu begründen und unverzüglich 
nachzuholen. Außerdem hat die Umwelt- und 
Verbraucherschutzorganisation die Umweltministerien der Länder über 
die Gesetzesverstöße informiert und die Überprüfung und Ahndung der 
aufgedeckten Verstöße verlangt.
Die Folgen der fehlenden Transparenz und behördlichen Kontrollen 
haben handfeste Folgen: Während die Mengen der tatsächlich entsorgten
Verpackungen etwa gleich bleiben, nimmt die in den dualen Systemen 
angemeldete Tonnage - die theoretisch mit der zu entsorgenden Menge 
übereinstimmen müsste - mit dem schwindenden Risiko, beim Betrug 
erwischt zu werden, konsequent ab. In Deutschland werden jährlich 
über sieben Millionen Tonnen Verkaufsverpackungen an private 
Endverbraucher abgegeben. Die Verpackungen, die nicht im Rahmen des 
Einwegpfandes oder so genannter Branchenlösungen gesammelt und 
verwertet werden, machen nach Brancheninformationen mit geschätzten 
knapp 6 Millionen Tonnen hiervon den Löwenanteil aus. Diese 
Verpackungen müssen bei einem der insgesamt neun bundesweit 
zugelassenen dualen Systeme lizenziert und von diesen anschließend 
gesammelt und verwertet werden. Doch aktuelle Zahlen aus dem Kreise 
der Systembetreiber für das Jahr 2009 belegen, dass nur rund 4 
Millionen Tonnen bei den dualen Systemen angemeldet sind. "Fast ein 
Drittel der Verpackungen laufen offensichtlich außerhalb des Systems.
Es ist Volkssport unter Unternehmen und deren Beratern geworden, 
Verpackungsmengen aus der haushaltsnahen Wertstoffsammlung 
wegzudefinieren, um Kosten zu sparen oder neue Kunden zu gewinnen", 
konstatiert Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH. 
Man müsse kein Prophet sein für die Annahme, dass diese "diffusen 
Verpackungsströme sich negativ auf die ökologische Qualität der 
Entsorgung auswirken". Die DUH befürchtet besonders im Bereich der 
Leichtverpackungen sinkende Recyclingqualitäten, da deren hochwertige
Verwertung für die Systembetreiber die relativ größten Kosten 
verursachen.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil:
0160 5337376, E-Mail: elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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