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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Ein Jahr Rußfilterskandal: Deutsche Umwelthilfe für "Neustart bei der Feinstaubbekämpfung

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Berlin (ots)

Zwölf Monate nach Aufdeckung des Skandals um mangelhafte 
Dieselfilter steht die Politik vor einem Scherbenhaufen in der 
Luftreinhaltepolitik - Weniger als zehn Prozent der Betrugsfilter 
sind ausgetauscht, die Pkw-Nachrüstung ist zum Erliegen gekommen, bei
Nutzfahrzeugen findet sie gar nicht erst statt - Ignoranz der Politik
erlebt im Streit um die Lkw-Maut einen neuen Höhepunkt - Nach 
Schadstoffklassen gestaffelte Maut muss zum 1. September 2009 kommen 
- DUH fordert "konzertierte Aktion von Bundes- und Landespolitik, 
Wirtschaft und Verbänden" zum Schutz vor Feinstaub
27. August 2008: Ein Jahr, nachdem die Deutsche Umwelthilfe e. V. 
(DUH) erstmals über den Einbau funktionsuntüchtiger Nachrüstfilter in
Diesel-Pkw berichtete, kommt die Umwelt- und 
Verbraucherschutzorganisation zu einer ernüchternden Zwischenbilanz 
der Politik von Bund und Ländern bei der Feinstaubbekämpfung: "Alle 
Zeichen stehen auf Ruß - und die Politik gibt den Vogel Strauß", 
erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Während andere 
Staaten konsequent gegen das Dieselrußproblem vorgehen und die 
Gesundheitsrisiken ihrer Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen, kommt 
die Filternachrüstung in Deutschland nicht in Gang".
Trotz der Bereitstellung von 900 Millionen Euro zweckgebundener 
Etateinnahmen werbe derzeit kein Landes-  oder Bundespolitiker 
öffentlich für die Nachrüstung von Pkw mit funktionstüchtigen 
Dieselpartikelfiltern. Für leichte Nutzfahrzeuge gebe es keinerlei 
Anreiz zum Einbau dieser Abgasreinigungssysteme und bei schweren Lkw 
bekämpfen wichtige Bundesländer den Beschluss der Bundesregierung, ab
dem 1. September 2009 schmutzige Dieselstinker bei der Lkw-Maut 
stärker heranzuziehen als vergleichsweise saubere Fahrzeuge.
Das nach Überzeugung des Sachverständigenrats für Umweltfragen 
(SRU) der Bundesregierung und auch der Weltgesundheitsorganisation 
(WHO) schwerwiegendste Luftreinhalteproblem in Deutschland und der EU
werde von der Politik nach jahrelangen öffentlichen Debatten erneut 
ignoriert. Daran habe auch das von der DUH durch alle Instanzen 
erstrittene Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg 
bisher nicht viel geändert, das den Bürgerinnen und Bürgern ein 
individuell einklagbares Recht auf saubere Luft zugesprochen hatte. 
"Mit dem EuGH-Spruch ist die Zeit des Zuwartens und der billigen 
Ausflüchte aber endgültig vorbei", sagte Resch. Bundes- und 
Landespolitik seien unmissverständlich aufgerufen, den Gemeinden 
jetzt bei der Feinstaubmisere effektiv zu helfen.
Resch berichtete, dass ein Jahr, nachdem die DUH erstmals 
öffentlich über mangelhafte Filtersysteme berichtet hatte, weniger 
als 10 Prozent der Mangelfilter der Unternehmen GAT, Bosal und 
Tenneco/Walker gegen funktionstüchtige Systeme ausgetauscht worden 
seien. Damit sei die so genannte Kulanzregelung von Umweltminister 
Gabriel und Verkehrsminister Tiefensee, wie von der DUH schon nach 
ihrer Verkündung im November 2007 vorausgesagt, grandios gescheitert.
"Es war von Anfang an ein ebenso untauglicher wie unverantwortlicher 
Weg der Politik, auf die Rücknahme der Allgemeinen 
Betriebserlaubnisse (ABE) zu verzichten und damit den betroffenen 
Autohaltern einen klaren Rechtsanspruch auf den Filtertausch zu 
verweigern." Tatsächlich habe die Verzögerungstaktik nur den 
Herstellern GAT, Tenneco/Walker und Bosal genutzt, die so Monat für 
Monat die Mär von der angeblich fast marktreifen Neuentwicklung 
funktionstüchtiger Filter verbreiten konnte - und den großen 
Werkstattketten A.T.U. und Pit Stop, die sich entgegen der Rechtslage
erst nach massivem Druck der DUH bereit fanden, den versprochenen 
kostenfreien Austausch gegen funktionstüchtige Nachrüstfilter anderer
Hersteller tatsächlich vorzunehmen.
Selbst seit das Kraftfahrtbundesamt (KBA) im Mai in einem 
Schreiben an alle betroffenen Autohalter konkret mit dem ABE-Entzug 
drohte, um so die Umrüstung in Gang zu bringen, geschah fast nichts. 
Zu viele Beteiligte versuchen, das Problem auszusitzen - zu Lasten 
der wirklich Betroffenen in den Hochbelastungszonen vor allem der 
Metropolen.
"Verstörend" sei zudem die seit nunmehr über zwei Jahren 
betriebene Geheimhaltung bestimmter Fakten zur Betrugsfiltermisere 
durch die zuständigen Regierungsstellen. Alle wesentlichen Unterlagen
musste sich die DUH über Gerichtsbeschlüsse oder die Androhung und 
Einleitung rechtlicher Schritte erstreiten. Im November 2007 stellte 
das Verwaltungsgerichts Dessau fest, dass das Bundesumweltministerium
der DUH in den Jahren 2006/2007 die Prüfergebnisse verschiedener 
Filtersysteme rechtswidrig verweigert hatte. Derzeit weigern sich das
Kraftfahrtbundesamt und Bundesverkehrsminister Tiefensee, Auskunft 
über die tatsächliche Zahl der derzeit im Zentralen 
Kraftfahrzeugregister gemeldeten Diesel-Pkw mit Betrugsfilter zu 
geben. "Wir werden vor dem zuständigen Verwaltungsgericht auch diese 
Daten einklagen. Die Bürger haben ein vitales Interesse daran zu 
erfahren, wie viele steuerprivilegierte Fahrzeuge mit nicht 
funktionierenden Dieselfiltern in unseren Innenstädten herumfahren."
Nach dem Scheitern der Kulanzregelung fordert die DUH die 
Bundesregierung auf, mit dem Widerruf der "Allgemeinen 
Betriebserlaubnis" für alle betroffenen Mangelfilter endlich 
Rechtssicherheit für die betroffenen über 40.000 Autofahrer zu 
schaffen und damit den Weg freizumachen für den notwendigen 
"Neustart" bei der Pkw-Nachrüstung.
Bezüglich der Dieselruß-Emissionen von Lkw ist Deutschland nach 
Überzeugung der DUH ein Entwicklungsland. Um höhere Margen zu 
erzielen, verkaufen Lkw-Hersteller auch heute noch viele Neufahrzeuge
ohne Partikelfilter. Weder für leichte noch für schwere Nutzfahrzeuge
existieren - im Gegensatz zu vielen anderen EU-Staaten - Anreize zur 
Filternachrüstung. Die erste wirksame Reduktion der 
Feinstaubemissionen verspricht die im Juni vom Bundeskabinett 
beschlossene Neufestsetzung der Lkw-Mautsätze nach Schadstoffklassen.
Doch ausgerechnet die Bayerische Staatsregierung, die kürzlich für 
ihre fortgesetzte Ignoranz beim Schutz der Bürger eine Ohrfeige erst 
durch das Bundesverwaltungsgericht und dann den Europäischen 
Gerichtshof kassierte, will nun diese Regelung am 19. September 2008 
im Bundesrat zu Fall bringen.
Der Kampf der bayerischen CSU und einiger weiterer Bundesländer 
gegen die modifizierte Lkw-Maut sei nicht nur ein Affront gegen alle,
die unter den hohen Feinstaubbelastungen leiden, sondern auch eine 
Missachtung des Europäischen Gerichtshofs, der größere und auf Dauer 
Ziel führende Anstrengungen gegen die Grenzwertüberschreitungen 
verlangt. Schon deshalb müsse die Regelung, wie von der 
Bundesregierung vorgeschlagen, zum 1. Januar 2009 in Kraft treten.
Das Grundübel in der Feinstaubpolitik sei der mangelnde politische
Wille, in Deutschland das Feinstaubproblem so ernst zu nehmen, wie es
laut WHO ist. Danach sterben hierzulande Jahr für Jahr 75.000 
Menschen vorzeitig an Feinstaub. Gerade erst ergab eine Untersuchung 
des Instituts für Epidemiologie des Helmholtz-Zentrums in München, 
dass Kinder an viel befahrenen Straßen etwa 50 Prozent häufiger 
Atemwegserkrankungen erleiden und an Hautekzemen erkranken.
Resch forderte für den "Neustart der Feinstaubbekämpfung in 
Deutschland" eine "konzertierte Aktion von Bundes- und Landespolitik,
Wirtschaft und Verbänden." Konkret müsse ein solcher Aufbruch ein 
Bündel von Maßnahmen umfassen:
· Das schnelle Ende der Betrugsfiltermisere durch einen konsequenten 
  ABE-Entzug für alle nicht funktionstüchtigen Filter
· Die Einführung der "Mautspreizung" für Lkw ab dem 1. September 
  2009 wie von der Bundesregierung im Juni beschlossen
· Ein Programm zur Nachrüstförderung für leichte Nutzfahrzeuge und  
  Busse
· Die Einführung von Funktionstests für Dieselpartikelfilter im 
  Rahmen der routinemäßigen Abgasuntersuchung (AU)
· Die Schaffung weiterer Umweltzonen und konsequente Fahrverbote für
  Dieselstinker ohne Partikelfilter ab 2010
Resch erinnerte daran, dass die Bundesländer wegen der geltenden 
Nachrüstförderung in Höhe von 330 Euro bei gleichzeitiger 
Höherbesteuerung nicht gefilterter Diesel-Pkw in vier Jahren 
voraussichtlich Mehreinnahmen in Höhe von etwa 700 Millionen Euro 
erzielen werden. Grund ist die Tatsache, dass die Filternachrüstung 
im Pkw-Bereich wegen des Betrugsfilterskandals und der Weigerung von 
Bund und Ländern für die Filter zu werben, weit hinter den 
Erwartungen zurückbleibe. Es sei mehr als eine "moralische Pflicht" 
des Staates, diese ausdrücklich für die Feinstaubbekämpfung 
reservierten Summen auch entsprechend auszugeben. So sei eine 
Nachrüstinitiative für Pkw und die Einbeziehung der bislang nicht 
geförderten Nachrüstung von leichten Nutzfahrzeugen überfällig, 
erklärte Resch.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 2400867-19, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 0302400867-0, Mobil: 0171 5660577, Fax: 030 2400867-19,
E-Mail: rosenkranz@duh.de

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