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Durchleuchtung ausländischer Direktinvestitionen in der EU zeigt Schwächen

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Durchleuchtung ausländischer Direktinvestitionen in der EU zeigt Schwächen

  • Jährlich werden für mehr als 100 Milliarden Euro ausländische Direktinvestitionen in der EU getätigt.
  • Die EU hat ein System für die Überprüfung von ausländischen Direktinvestitionen geschaffen, um besser gegen potenzielle Bedrohungen für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung gewappnet zu sein.
  • Die Art seines Aufbaus und Schwächen bei der Umsetzung beeinträchtigen die Wirksamkeit dieses Systems.

Bei der Überwachung potenziell bedrohlicher ausländischer Investitionen gibt es blinde Flecken, die dazu führen, dass die Ermittlung, Bewertung und Minderung von Risiken für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung in der EU weniger wirksam und effizient sind. Zu dieser Einschätzung gelangt der Europäische Rechnungshof in einem aktuellen Bericht. Der kürzlich geschaffene EU-Rahmen sei zwar ein positiver Schritt, der es ermögliche, potenzielle Bedrohungen für die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in der EU zu erkennen, ein großer Teil der ausländischen Direktinvestitionen aus dem Zeitraum 2020 bis 2022 sei jedoch auf EU-Ebene nicht überprüft und gemeldet worden. Dies habe verschiedene Gründe – insbesondere, dass es in einigen Ländern keinen Überprüfungsmechanismus gebe, während in anderen Ländern ein solcher Mechanismus zwar vorhanden sei, jedoch unterschiedliche Branchen als kritisch eingestuft oder Schlüsselbegriffe der EU-Vorschriften von 2020 unterschiedlich ausgelegt würden.

Die Offenheit gegenüber ausländischen Direktinvestitionen ist ein wichtiger Grundsatz des EU-Binnenmarkts, und diese Investitionen können dazu beitragen, in den Zielländern Wachstum und Innovationen zu fördern. Allerdings kann von Investitionen in strategischen Branchen, die für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung in der EU von entscheidender Bedeutung sind (z. B. Häfen, Kernkraftwerke, Halbleiter oder Mikrochips mit doppeltem Verwendungszweck), mitunter das Risiko einer unerwünschten Kontrolle durch Investoren aus Drittländern ausgehen. Dabei kann es sich beispielsweise um Investoren handeln, die an kriminellen Aktivitäten beteiligt sind oder von ausländischen Regierungen oder Streitkräften kontrolliert werden. Dieses Risiko kann zunehmen, wenn die EU-Länder ihre Bemühungen nicht aufeinander abstimmen.

"Der Aufbau eines Systems zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen ist noch nicht abgeschlossen", so Mihails Kozlovs, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Das Sicherheitsnetz der EU hat einige große Löcher. Um die Risiken besser bewältigen zu können, müssen die Europäische Kommission und alle EU-Länder das Netz flicken."

Die Prüfer stellten fest, dass die Europäische Kommission Schritte in die richtige Richtung unternommen hat, um einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, und dass immer mehr EU-Länder mitziehen, indem sie ihre eigenen Überprüfungsmechanismen einrichten und enger zusammenarbeiten. Dadurch könnten Risiken ermittelt werden, die andernfalls möglicherweise unerkannt geblieben wären. Aufgrund von verschiedenen Faktoren funktioniere dieses System jedoch nicht so, wie es solle. Nach den EU-Vorschriften seien die EU-Länder nicht verpflichtet, einen Überprüfungsmechanismus einzurichten. Zudem könnten sie den Anwendungsbereich ihrer nationalen Überprüfungsvorschriften nach eigenem Ermessen festlegen. Darüber hinaus seien die EU-Länder nicht verpflichtet, der Kommission das Ergebnis ihrer Überprüfungsentscheidungen zu melden – selbst dann nicht, wenn die Kommission eine Stellungnahme abgegeben habe oder andere EU-Länder ihre Bedenken mitgeteilt hätten. Die Prüfer stellten fest, dass mehrere Länder nur die Transaktionen meldeten, die voraussichtlich ihre eigene öffentliche Ordnung oder Sicherheit beeinträchtigten. Somit werde anderen Mitgliedstaaten und der Kommission die Möglichkeit genommen, zu bewerten, ob es potenzielle Auswirkungen gebe, die für sie selbst oder für EU-Programme relevant seien. Zwischen 2020 und 2022 hätten die EU-Länder der Kommission 886 überprüfte Fälle gemeldet. Der Rechnungshof stellte fest, dass die Zahl dieser Meldungen in einigen Ländern nicht mit dem Umfang der ausländischen Direktinvestitionen übereinstimmte. 92 % aller Fälle seien von sechs Ländern gemeldet worden, die übrigen 8 % von weiteren neun Ländern. 12 Länder hätten gar keine Überprüfungen durchgeführt und keine Fälle gemeldet, obwohl fast die Hälfte der ausländischen Direktinvestitionen, die in die EU flössen, auf sie entfalle. Gleichzeitig sei der Mechanismus mit einer großen Zahl an Fällen überlastet, die mit einem geringen Risiko verbunden oder nicht für eine Überprüfung zulässig seien.

Nach Ansicht des Rechnungshofs sollten die Zulässigkeits- und Risikobewertungen der Kommission sowie die von ihr abgegebenen Stellungnahmen und Empfehlungen verbessert werden. In den Bewertungen werden zwar Risiken festgestellt und mit Blick auf die Zukunft potenzielle Schwachstellen erkannt, die Prüfer ermittelten jedoch auch Probleme in Bezug auf die Bewertungen der Kommission sowie Aspekte der Empfehlungen, die möglicherweise nur schwer durchsetzbar oder mit einem marktwirtschaftlichen Umfeld unvereinbar sind.

Hintergrundinformationen

Die gemeinsame Handelspolitik fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der EU, während die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung in die alleinige Zuständigkeit der EU-Länder fallen. Bis vor Kurzem gab es in vielen Ländern überhaupt keine Mechanismen zur Überprüfung von Investitionen. Mit der einschlägigen EU-Verordnung wurde erstmals ein Kooperationsmechanismus eingeführt, der es den EU-Ländern und der Kommission ermöglicht, Informationen bezüglich der Überprüfung von ausländischen Direktinvestitionen und entsprechende Risikobewertungen auszutauschen. Mit diesem Rahmen soll nicht nur verhindert werden, dass Schlupflöcher genutzt werden, sondern auch, dass Mitgliedstaaten unter dem Vorwand der Sicherheit protektionistische Maßnahmen einführen. Im Jahr 2021 flossen ausländische Direktinvestitionen in Höhe von rund 117 Milliarden Euro in die EU. Zwischen 2020 und 2022 übermittelte Frankreich die meisten Mitteilungen zu Überprüfungen (193), dicht gefolgt von Italien, Spanien und Österreich. Die Niederlande und Luxemburg, auf die 50 % aller ausländischen Direktinvestitionen entfallen, meldeten nur sieben bzw. null Fälle.

Der Sonderbericht 27/2023 "Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU: Erste Schritte wurden unternommen, doch bestehen noch erhebliche Einschränkungen im Hinblick auf eine wirksame Bewältigung der Risiken für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.

Pressekontakt

Pressestelle des Europäischen Rechnungshofs: press@eca.europa.eu

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Bild:  SR-2023-27.jpg
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