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Schwäbische Zeitung: Ungerecht und unausgegoren - Leitartikel zu kostenlosem Nahverkehr

Ravensburg (ots)

Der Bundestag hat jetzt erstmals über die Idee debattiert, den öffentlichen Nahverkehr kostenlos anzubieten. Der Vorschlag stößt bei einigen Umweltverbänden auf Zustimmung, zeigt aber vor allem, wie verzweifelt die Bundesregierung ist, die Klage der EU und die drohenden Fahrverbote wegen der Stickstoffdioxid-Emissionen in letzter Minute doch noch abzuwenden. Denn im Kern ist der Vorstoß unrealistisch und ungerecht - und er setzt ein völlig falsches Zeichen.

Unrealistisch ist die Idee von kostenlosen Bussen und Bahnen nicht nur aufgrund der Tatsache, dass die Finanzierung der Fahrscheine völlig unklar ist. Sollte es jedoch einen allgemeinen Freifahrtschein geben, so würden nach Schätzungen von Verkehrsexperten 30 bis 40 Prozent an Fahrgästen zusätzlich auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen. In den Metropolregionen, also genau in den Städten, die unter den Abgasen leiden, sind die Busse und Bahnen allerdings schon seit Langem an der Kapazitätsgrenze. Keine Kommune wäre in der Lage, das zusätzliche Fahrgastaufkommen zu bewältigen.

Dabei ist die auf den ersten Blick so gemeinnützig anmutende Lösung zutiefst ungerecht. Denn die Bürger, die jenseits von Stuttgart, Hamburg und München in Dörfern leben, in denen allenfalls morgens und abends ein Bus fährt, müssen mit ihren Steuern den Nahverkehr in den Metropolen finanzieren, den sie nicht nutzen. Damit würde der Vorschlag das Problem, dass viele ländliche Regionen bereits jetzt abgehängt sind, noch weiter verschärfen - und der Pendlerpauschale, die der Landflucht entgegenwirken soll, ihre Lenkungskraft nehmen.

Vor allem aber: Die Idee des kostenlosen Busverkehrs setzt ein völlig falsches Zeichen, denn es gibt keinen kostenlosen Busverkehr. Mobilität kostet, sie ist teuer, sie verbraucht Ressourcen, sie schädigt die Umwelt und belastet die Infrastruktur. Deshalb muss eine effektive Steuerung immer bei der Nutzung ansetzen. Wer wenig fährt, zahlt wenig, wer viel fährt, zahlt viel - und wer dabei noch die Umwelt stark belastet, zahlt noch mehr. Das ist gerecht - und der einzig sinnvolle Ansatz, Verkehr zu steuern.

Pressekontakt:

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Telefon: 0751/2955 1500
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