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Report Mainz: Fragwürdige Frühpensionierungspraxis bei Post und Telekom
heute, 29. Juni 2009, 21.45 Uhr im Ersten

Mainz (ots)

Seit 2002 haben die Postnachfolgeunternehmen fast
25.000 Beamte in Vorruhestand geschickt. Dabei betrug das 
Eintrittsalter im vergangenen Jahr bei der Deutschen Telekom AG 46 
Jahre und bei der Deutschen Post AG 48 Jahre. Das berichtet das 
ARD-Politikmagazin "Report Mainz" unter Verweis auf eine Antwort der 
Bundesregierung vom 17. Juni 2009 auf eine kleine Anfrage der 
FDP-Bundestagsfraktion. Auffällig ist, dass die zuständige 
Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation 
Deutsche Bundespost, danach nur 278 der rund 25.000 Fälle 
beanstandete.
Experten wie Professor Stefan Sell kritisieren die Vorgehensweise 
der Behörde. "Man hat quasi nur die Aktenlage geprüft. Man hat nicht 
überprüft, ist dieser Mensch wirklich auch tatsächlich 
arbeitsunfähig, sondern man hat moniert, dass zwischen dem Gutachten 
des Arztes und dem Antrag ein zu großer Zeitraum liegt, und das kann 
geheilt werden, indem eben das Gutachten entsprechend frisch gemacht 
wird", sagte Sell im Interview mit "Report Mainz". Auch der 
stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle hat Zweifel
an der Ernsthaftigkeit der Prüfungen. Brüderle: "Es drängt sich der 
Verdacht auf, dass man hier nicht mit letzter Klarheit dies 
überprüft".
Die aktuellen Recherchen von "Report Mainz" verstärken diesen 
Eindruck. So wurde noch im Januar dieses Jahres ein ehemaliger 
Post-Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt, der 
angeblich unter Panikattacken litt. Noch ein halbes Jahr zuvor hatte 
ihm ein Facharzt "vollschichtige Belastbarkeit" attestiert. Zur 
Praxis bei der Deutsche Post AG führt er folgendes aus: "Bei einem 
Personalgespräch hat man mir dann angeraten, dass ich doch in 
Vorruhestand gehen soll. Man hat mir dann auch in den Mund gelegt, es
wäre in ihrem Interesse, dass sie aus psychischen Gründen dann lieber
auf ihre Gesundheit achten und zuhause bleiben. Das war eine Person 
aus der Personalabteilung. Da wurde zum Teil darauf hingewiesen, wie 
man sich als psychisch Kranker verhält, dass man zum Beispiel dann 
nicht so viel spricht beim Arzt, nicht lacht, einen teilnahmslosen 
Blick hat - und solche Sachen wurden dann erzählt, damit man beim 
Betriebsarzt auch noch diese psychische Erkrankung körperlich 
nachweisen konnte."
Ein Telekom-Beamter wurde nach "Report Mainz"-Recherchen wegen 
Rückenbeschwerden für dienstunfähig erklärt. Nur wenige Monate später
aber gewann er die Vereinsmeisterschaft im Tennis. Auf die Frage, wie
sich denn die Dienstunfähigkeit mit der sportlichen Leistung 
vertrage, antwortete der Frühpensionär: "Wenn ich auf dem Platz 
gestanden und gespielt habe, hatte ich keine Rückenbeschwerden." Auf 
Nachfrage von "Report Mainz" verweisen Post, Postbank und Telekom auf
die gesetzlichen Bestimmungen und betonen, dass alle 
Vorruhestandsfälle wegen Dienstunfähigkeit durch die zuständige 
Aufsichtsbehörde geprüft werden.

Pressekontakt:

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel.:
06131/929-3351.

Original-Content von: SWR - Das Erste, übermittelt durch news aktuell

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