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EKD - Evangelische Kirche in Deutschland

Das Statement von Präses Alfred Buß und Weihbischof Dr. Josef Voß finden Sie am Ende dieser Pressemitteilung!! "Altfallregelung muss Bleiberecht dauerhaft sichern" Kirchen fordern Verlängerung der Frist

Hannover (ots)

Die im Rahmen der gesetzlichen Altfallregelung
für langjährig geduldete Menschen erteilten Aufenthaltserlaubnisse 
"auf Probe" müssen über den 31. Dezember dieses Jahres hinaus 
verlängert werden, damit die Betroffenen die Chance erhalten, eine 
Arbeit zu finden und damit die Voraussetzungen für ein dauerhaftes 
Aufenthaltsrecht zu erfüllen. Das fordern die für Migration 
zuständigen Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche. 
Der Vorsitzende der Kommission für Migration und Integration der 
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Alfred Buß, und der
Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz,
Weihbischof Dr. Josef Voß, sprechen sich außerdem für eine stärkere 
Berücksichtigung humanitärer Aspekte bei der Altfallregelung aus. 
Insgesamt sei die Regelung zwar ein Schritt in die richtige Richtung,
allerdings hätte bislang nur die Hälfte der rund 100.000 Menschen, 
die Ende 2006 seit mindestens sechs Jahren mit einer Duldung in 
Deutschland lebten, eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung erhalten. 
Einen über den 31. Dezember 2009 hinaus gesicherten Aufenthaltstitel 
hätten bislang sogar nur rund 6.500 Personen erhalten, kritisieren 
die Kirchenvertreter.
"Auch für die mehr als 102.000 Menschen mit einer Duldung, die 
bisher nicht unter die Altfallregelung fallen, muss eine angemessene 
Lösung gefunden werden", fordern Buß und Voß. Die Betroffenen 
dauerhaft in Ungewissheit zu lassen, werde dem Grundbedürfnis der 
Menschen nach einer verlässlichen Lebensperspektive nicht gerecht. 
Personen, die in Deutschland integriert seien und denen daher eine 
Ausreise nicht zugemutet werden könne, sollten eine Aufenthalts- und 
Arbeitserlaubnis erhalten.
Wer einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel stellt, muss innerhalb
der derzeit gültigen Frist zum Jahresende seinen Lebensunterhalt 
überwiegend eigenständig sichern. Dies sei zu kurz bemessen, befinden
die Vertreter der Kirchen, weil viele Betroffene jahrelang keinen 
Zugang zum Arbeitsmarkt hatten, und die derzeitige Wirtschaftskrise 
diesen Zugang zusätzlich erschwere. Darüber hinaus seien die 
Anforderungen an die Sicherung des Lebensunterhalts zu hoch, 
bemängeln Buß und Voß. Insbesondere kranken, traumatisierten, alten 
oder pflegebedürftigen Menschen sollte auch ohne eigenständige 
Lebensunterhaltssicherung ein Aufenthaltsrecht gewährt werden.
Anbei erhalten Sie das Statement von Präses Alfred Buß und 
Weihbischof Dr. Josef Voß im Wortlaut.
Berlin, 11. Mai 2009
Pressestelle der EKD
Karoline Lehmann
STATEMENT:
Kettenduldungen beenden - humanitäres Bleiberecht sichern
Zwei Jahre nach dem ersten ökumenischen Aufruf der beiden Kirchen 
"Für eine humanitäre Umsetzung der Bleiberechtsregelung" und 
angesichts des nahenden Fristendes für Anträge nach der gesetzlichen 
Altfallregelung am 31.12.2009 müssen wir feststellen:
-	Die Bleiberechts- bzw. Altfallregelung war zwar ein Schritt in 
die richtige Richtung; viele humanitäre Probleme sind jedoch nach wie
vor ungelöst.
-	Eine vorläufige Bilanz der gesetzlichen Altfallregelung macht 
deutlich, dass von den ca. 100.000 Menschen, die Ende 2006 seit 
mindestens sechs Jahren mit einer Duldung in Deutschland lebten, 
bisher nur etwa die Hälfte eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung 
erhalten haben. Lediglich rund 6.500 von ihnen haben eine über den 
31.12.2009 hinaus gesicherten Aufenthaltstitel erhalten, der den 
Rückfall in den prekären Status der Duldung verhindert.
-	Weiterhin leben in Deutschland über 102.000 Menschen mit einer 
Duldung, davon über 63.000 seit mehr als sechs Jahren. Auch für sie 
muss eine ange-messene Lösung gefunden werden.
Die Kirchen treten seit vielen Jahren dafür ein, die Praxis der so
genannten "Ketten-duldungen" zu beenden und Menschen, denen aus 
verschiedensten Gründen eine Ausreise nicht zugemutet werden kann, 
eine Aufenthaltsperspektive zu ermöglichen. Viele Familien haben sich
trotz der Schwierigkeiten, die der Duldungsstatus mit sich bringt, im
Rahmen des Möglichen integriert. Ihre Kinder sind häufig in 
Deutschland geboren, besuchen den Kindergarten oder die Schule und 
haben kaum Bezugspunkte zum Herkunftsland ihrer Eltern. Die 
Betroffenen dauerhaft in einem Status der Ungewissheit zu belassen, 
wird dem Grundbedürfnis der Menschen nach einer verlässlichen 
Lebensperspektive nicht gerecht. Der bereits vorhandene Spielraum des
Aufenthaltsgesetzes, aus humanitären Gründen eine 
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wird von den 
Ausführungsbestimmungen auf Bundes- und Landesebene allzu stark 
eingeschränkt. Neben einer entsprechenden Anpassung der 
Verwaltungsvorschriften und der Umsetzung des Gesetzes in den Ländern
muss auch das Aufenthaltsgesetz selbst weiterentwickelt werden. 
Personen, die in Deutschland integriert sind und denen daher die 
Ausreise nicht mehr zugemutet werden kann, sollten eine Aufenthalts- 
und Arbeitserlaubnis erhalten.
Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Deutsche 
Bischofskonferenz und ihre Wohlfahrtsverbände Diakonisches Werk und 
Deutscher Caritasverband fordern deshalb:
-	Die Fristen der gesetzlichen Altfallregelung müssen verlängert 
werden.
Die in der Altfallregelung vorgesehenen Fristen, innerhalb derer die 
Antrag-steller ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig sichern
müssen, sind zu kurz bemessen, zumal die Betroffenen meist viele 
Jahre keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hatten. Die Zeit bis zum 
31.12.2009 reicht - gerade angesichts der gegenwärtigen Wirtschafts- 
und Finanzkrise - nicht aus, um sich auch beruflich zu integrieren 
und fortzubilden. Ein Beharren auf den Stichtagen würde dazu führen, 
dass die gefundene Lösung zu einer Scheinlösung wird und den Menschen
weiterhin keine Perspektive eröffnet. Angesichts der für die 
Betroffenen extrem belastenden Situation muss diese Entscheidung so 
bald wie möglich getroffen werden.
-	Humanitäre Gesichtspunkte müssen angemessen berücksichtigt 
werden.
Die Anforderungen an die Sicherung des Lebensunterhalts sind zu hoch 
- das gilt in besonderem Maße für kinderreiche Familien oder 
Alleinerziehende. Für diejenigen, die unverschuldet keine Chance 
haben, die Ansprüche zu erfüllen, müssen Ausnahmeregelungen 
geschaffen werden. Insbesondere kranken, traumatisierten, alten oder 
pflegebedürftigen Menschen soll auch ohne eigenständige 
Lebensunterhaltssicherung ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht gewährt 
werden können.
-	In der Beurteilung der Ausschlussgründe und der 
Mitwirkungspflichten muss der Einzelfall angemessen gewürdigt werden 
können.
Die umsetzenden Behörden sollten auch in der Beurteilung 
geringfügiger Verfehlungen in der Vergangenheit und der Erfüllung der
Mitwirkungspflichten bei der Ausreise (z.B. dem Beschaffen gültiger 
Ausweispapiere) einen Spielraum für die Würdigung des Einzelfalls 
haben und auch davon Gebrauch machen. Maßgebliches Kriterium für die 
Entscheidung sollte dabei die Integrationsprognose sein.
-	Die Trennung von Familien soll vermieden werden.
Der Ausschluss der ganzen Familie von der Bleiberechtsregelung bei 
Verfehlungen eines einzelnen Familienmitgliedes ist höchst 
problematisch. Vor allem dürfen Eltern nicht unter Druck gesetzt 
werden, Deutschland zu verlassen, um ihren Kindern ein Bleiberecht zu
ermöglichen. In diesen Fällen kommt es maßgeblich auf das Kindeswohl 
an, so dass eine Trennung von Familien in der Regel nicht die 
richtige Lösung sein kann.
Weihbischof Dr. Josef Voß, Bistum Münster, Vorsitzender der 
Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz
Präses Alfred Buß, Evangelische Kirche von Westfalen, Vorsitzender
der Kommissi-on für Migration und Integration der Evangelischen 
Kirche in Deutschland
Münster / Bielefeld, den  11. Mai 2009

Pressekontakt:

Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de

Original-Content von: EKD - Evangelische Kirche in Deutschland, übermittelt durch news aktuell

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