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BERLINER MORGENPOST: Die neue Hertha steht für das neue Berlin - Leitartikel

Berlin (ots)

Wenn Emotionen auf Reisen gehen, fühlt sich der Betrachter dem Ereignis oft so herrlich nah und möchte am liebsten nur noch mittendrin sein. Da lachten und tanzten also gestern die Hertha-Spieler im übervollen Olympiastadion, und als sie endlich diese auf ewig gewöhnungsbedürftige Zweitliga-Meisterschale namens Felge in den Händen hielten, da hatten sie nichts anderes mehr im Kopf, als die Trophäe so schnell wie möglich den eigenen Fans in der Ostkurve zu präsentieren. Nein, zu übergeben. Mannschaft und Fans gemeinsam mit der Schale - die Botschaft, die Hertha BSC zum Saisonfinale ins Land schickte, war simpel und doch erfrischend überzeugend: eine Stadt, ein Team. Hertha hat mit dem eleganten Tanz durch die Zweite Liga verblüffende Choreografien auf den sonst so schwer zu bespielenden Berliner Fußballrasen gezaubert. Wo der Hauptstädter einst seine innige Hassliebe zum blau-weißen Klub pflegte, das Dauernörgeln fröhlich Urständ feierte, scheint nun auf der Reise durch die Fußballniederungen ein neues Gefühl seinen Platz gefunden zu haben. Wir leiden, wir lachen, wir feiern zusammen - und immer liegt die Betonung auf dem Wir. 784.221 Fans kamen zu 17 Heimpartien ins Stadion. Nicht, um allein Paderborn und Co. verlieren zu sehen, sondern um die neue Hertha zu stützen. Allein dieser Zuschauerrekord für die Zweite Liga verrät, welches Potenzial der größte Berliner Verein in den vergangenen Jahren verschenkt hat. Hertha BSC hat es nach dem grausamen und völlig verdienten Abstieg im Jahr 2010 geschafft, sich in der Krise neu zu erfinden und Volkes Nähe endlich in den Klub zu integrieren. Aber nicht nur die postulierte Demut und die Abkehr vom größenwahnsinnigen und properen Hauptstadtklub schafft neue Sympathie. Wir sind arm, aber dennoch attraktiv - Hertha ist eben ein typisches Stück Berlin. Es gibt nicht nur faule Millionäre und herzlose Legionäre, die bei Erfolg Embleme küssen und beim ersten Gegenwind das Weite suchen. Manager Michael Preetz und Trainer Markus Babbel haben dem Verein und seinem kickenden Personal eine neue Bodenständigkeit verordnet. Die Mission Aufstieg konnte nur erfüllt werden, weil das Herz mitspielte, das Team Charakter zeigte. Ronny, Friend, Raffael, Ebert, Aerts - sie alle boten Stoff für Skandalgeschichten. Und? Fast geräuschlos und ohne die dicken Rabaukenschlagzeilen gelang das Comeback. Doch wo gestern Zweitklassigkeit war, steht sofort die Frage, wie sich der Verein künftig in der Ersten Liga aufstellen wird. Geld für Transfers ist nicht vorhanden, es drücken weiter rund 35 Millionen Euro Schulden. Klar ist, dass Hertha im August als krasser Außenseiter seine Reise fortsetzen wird. Aber die Mannschaft ist jung und entwicklungsfähig, es gibt dazu passend eine neue, junge Fangeneration. Gehört nicht der Jugend die Zukunft? Hier zu erwähnen, dass der neue Deutsche Meister Dortmund den jüngsten Kader der Bundesliga hat, soll nicht erneut Ansprüche schüren, die dem alten Hertha-Größenwahn folgen. Es ist nur als Beleg dafür gemeint, dass mit jugendlicher Begeisterung, Leidenschaft und Bescheidenheit manchmal mehr zu erreichen ist als mit dem höchsten Saisonetat.

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