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Berliner Morgenpost: Man darf die Wirtschaft nicht Beratern überlassen - Kommentar

Berlin (ots)

Roland Berger ist ein netter Herr, angenehm im
Umgang, erstklassig verdrahtet in Politik, Wirtschaft und Medien. 
Sein Beratungsunternehmen hat er zu großen Teilen verkauft. Bisweilen
liegt allerdings Fachmann Berger daneben. Beim Rettungstheater um den
Baukonzern Holzmann beriet er den damaligen Kanzler Schröder. Weder 
Firma noch Beschäftigten hat die Aktion jedoch geholfen. Jetzt wird 
das Opel-Problem verhandelt. Und Berger ist wieder dabei, sogar in 
einer Mehrfachrolle. Der Privatmann Berger beriet den jungen 
Wirtschaftsminister Guttenberg, der Opel retten will, die Firma 
Roland Berger Strategy Consultants berät GM Europe, also praktisch 
die Gegenseite - und obendrein sitzt der Unternehmer Berger im 
Aufsichtsrat des Wettbewerbers Fiat.
Der Fall Berger illustriert eines der zentralen Probleme der 
internationalen Ökonomie. Ein Geflecht von Beratern, Anwälten, 
Wirtschaftsprüfern und Hexenmeistern hat den 
wirtschaftlich-politischen Komplex wie ein Hausschwamm durchdrungen. 
Internationale Unternehmen wie McKinsey oder PWC funktionieren wie 
eine Sekte. Generationen von Beratern und auch Managern ziehen vor 
allem ihresgleichen nach und fühlen sich ihr Leben lang dem 
Unternehmen gegenüber loyal, das sie reich gemacht hat. Mögen Mandate
und Firmennamen auch wechseln, der Glaube an die Mutterorganisation 
bleibt. Und die predigt: Geld verdienen.
Das Geflecht jener unbekannten Herrschaften bedroht oftmals das gute 
Wirtschaften. Denn die Logik des Unternehmensberaters ist nicht auf 
Langfristigkeit und Kontinuität angelegt, sondern auf möglichst viel 
Bewegung. Nichts ist Umsatz gefährdender als Stabilität. Fusionen wie
DaimlerChrysler oder auch Conti/Schaeffler waren nicht nur, aber auch
von Beratern getrieben. Dynamik verspricht Tagessätze, Gutachten und 
Anwaltshonorare. Mit internationalem Recht Steuern vermeiden, schicke
Boni-Regelungen im Vertragswerk verstecken und das Erbeutete in 
Liechtenstein bunkern - derlei Rundum-Service bietet manches 
Netzwerk. Egal, wie die Unternehmen nach dem Beraterbefall dastehen; 
die Unbekannten im Hintergrund haben immer gewonnen.
Diese unsinnige Automatik müssen nun allerdings Manager und zunehmend
Politiker erklären. Denn auch die Volksvertreter verlassen sich mehr 
und mehr auf Expertisen von außen. So hat eine internationale 
Kanzlei, die auch für Großbanken arbeitet, der Bundesregierung bei 
der rechtlichen Gestaltung des Bankenschirms geholfen - einer der 
Gründe, warum der Bund bei der Hypo Real Estate nichts zu sagen hat, 
obschon über 100 Milliarden Steuergeld im schwarzen Loch von München 
zu verschwinden drohen.
So wenig wie man den Hausschwamm für seine Existenz beschimpfen kann,
sollte man die Berater-Kaste in Gänze verurteilen. Aber man muss den 
Herren klare Vorgaben machen, Transparenz abverlangen und sie auf das
reduzieren, was sie sind: Berater. Und keine Entscheider.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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