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Lausitzer Rundschau: "Runder Tisch Heimerziehung" legt Zwischenbericht vor Aufarbeiten und entschädigen

Cottbus (ots)

Als  das Ausmaß der Misshandlung von Heimkindern
in Irland offenbar wurde, löste das dort fast eine Staatskrise aus. 
Gemessen an der Bevölkerungszahl ist der Kreis der Betroffenen in 
Deutschland überhaupt nicht kleiner. Und auch bei der Schwere der 
Übergriffe, von folterähnlichen Strafen über Zwangsarbeit bis hin zu 
Vergewaltigungen, gibt es kaum Unterschiede. So kann man es 
jedenfalls dem gestern vorgestellten Zwischenbericht des "Runden 
Tisches Heimerziehung" entnehmen. 750000Kinder und 
Jugendliche wurden in den 50er- und 60er-Jahren in geschlossene, 
meist kirchliche Heime der alten Bundesrepublik gesteckt. Viele von 
ihnen haben Schlimmes erlebt. Das große Verdienst des Runden Tisches 
ist es, dass er dieses verschämte Leiden öffentlich gemacht hat, und 
dass viele jetzt zu berichten beginnen.
 Im Unterschied zu Irland wurden in Deutschland die Missstände Anfang
der 70er-Jahre praktisch überall abgestellt. Niemand, der heute Heime
betreibt, kann etwas für die damaligen Vorkommnisse. Die alten 
Erzieher gibt es nicht mehr, die Straftaten sind längst verjährt. 
Zudem war die damalige Heimerziehung anders als bei der Zwangsarbeit 
der Nazis nicht von vornherein und systematisch Unrecht. Sondern sie 
war Ausdruck der Erziehungsmethoden jener Zeit. Auch war es nicht 
überall gleich schlimm. Eine pauschale Entschädigung analog zur 
Zwangsarbeiterentschädigung wäre daher nicht berechtigt.
 Und trotzdem ist Unrecht geschehen, trotzdem muss es wieder gut 
gemacht werden. Der erste und wichtigste Schritt ist es, nun auch auf
lokaler Ebene, in allen Heimen und Kirchenkreisen, kleine 
"Wahrheitsfindungskommissionen" einzurichten und die Vergangenheit 
aufzuarbeiten.
Dazu gehört auch, dass man den Betroffenen Einsicht in ihre Akten 
gibt. Und zweitens sollte es an einer Stelle doch eine pauschale 
Lösung geben: Bei der Rente. Da die meisten während ihres 
Zwangsaufenthaltes in den Heimen nicht sozialversichert arbeiten 
konnten, sollten ihnen diese Zeiten nachträglich anerkannt werden. 
Das würde ihnen wenigstens jetzt, im Alter, helfen. Denkbar wäre eine
Regelung analog zur SED-Opferrente oder zum Gesetz über die 
berufliche Rehabilitierung für Opfer politischer Verfolgung in der 
DDR. Der Vergleich mag nicht jedem gefallen. In der alten 
Bundesrepublik war tatsächlich nicht eine Partei und ein System 
schuld an dem Leiden, sondern der Zeitgeist, der zum System wurde. 
Für die Heiminsassen aber war das Ergebnis genau das Gleiche.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de

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