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Rheinische Post: Amerika erfindet sich heute neu

Düsseldorf (ots)

von Sven Gösmann
Fast zwei Jahre Wahlkampf um die US-Präsidentschaft liegen hinter 
Barack Obama und John McCain. Kein Tag verging ohne Umfragen, die 
meist einen Vorsprung für den Demokraten Obama verhießen, seltener 
ein Kopf-an-Kopf Rennen, das McCain Hoffnung gäbe. Kein Tag auch ohne
Nachrichten aus beiden Lagern, wobei es Obamas Wahlkampfmaschine 
geschickter verstand, Luftschlösser der Hoffnung zu bauen. Eines 
sollten wir Deutschen uns jetzt schon bewusst machen: Wer auch immer 
die Wahl gewinnt, wird kein "europäischer Präsident" sein, sondern 
immer zuerst US-Interessen betonen und durchsetzen. So dürfte im 
Falle eines Falles auch die romantische Verklärung Obamas schnell vom
Wind der Realitäten weggeweht werden.
Und doch ist diese Wahl schon heute ein Gewinn. Einmal mehr hat die 
amerikanische Demokratie ihre Kraft unter Beweis gestellt, sich in 
den größten Krisen neu zu erfinden. Nicht Männer des Establishments 
treten dabei gegeneinander an, sondern Nonkonformisten. Nur einer wie
Obama konnte wohl Hillary Clinton als Kandidatin verhindern, um an 
die tragische Figur dieser Wahlschlacht zu erinnern. Minorität statt 
weißer Frau - die Demokraten entschieden sich für den großen Schritt.
Barack Obama ist der erste schwarze US-Politiker an der Schwelle des 
Weißen Hauses. Mit seiner Lebensgeschichte, wenn auch keine typische 
für das schwarze Amerika, ist er Symbol der Durchlässigkeit der 
US-Gesellschaft. Der charismatische Redner verfügt nicht über die 
Erfahrung McCains, ein unbeschriebenes Blatt ist er deswegen nicht 
mehr. Wer es durch das Stahlbad des Wahlkampfs schafft, wurde einmal 
von Kopf bis Fuß durchleuchtet, hat Positionen zu allen Fragen der 
Politik entwickeln müssen - was oft übersehen wird, weil es hinter 
der Personalisierung des Wahlkampfs verschwand.
McCain ist ebenfalls ein Außenseiter, ein "Maverick", ein 
Unabhängiger. Die Unterstützung für ihn im konservativen Lager blieb 
verhalten. Er inszenierte sich als neuer Republikaner, grenzte sich 
von Amtsinhaber Bush ab. Doch Kriegsheld McCain, der ursprünglich mit
seiner Erfahrung in Sicherheitsfragen punkten wollte, verfiel in die 
Herausforderer-Rolle, während Obama spätestens in der Finanzkrise in 
die Position des präsidialen Kennedy-Wiedergängers schlüpfte. McCains
Nominierung der wirren Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin 
wirkte da wie ein weiterer Fehlgriff.
Obama und McCain haben sich den faszinierendsten Wahlkampf aller 
Zeiten geliefert. Auf einen von ihnen wartet nun das Amt des 
mächtigsten Mannes der Welt. Dieses Amt hat die Menschen, die es 
innehatten, immer stärker verändert, als es umgekehrt den Menschen 
gelang, das Amt zu verändern. Doch ist es keine zu gewagte Prognose, 
dass das Weiße Haus einen bemerkenswerten neuen Bewohner bekommt. So 
oder so.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2304

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