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Boersen-Zeitung: Die Rettung für den Feiertag, Kommentar von Dieter Kuckelkorn zur Abschaffung des Feiertagshandels an den deutschen Börsen

Frankfurt (ots)

Man stelle sich einmal vor: An Wall Street würde
am Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli, ganz normal Aktienhandel 
getrieben, so als hätte Amerika niemals seine Freiheit von der 
britischen Krone erkämpfen müssen. In Paris hätte die Grande Nation 
den Sturm auf die Bastille vergessen und würde zulassen, dass an 
Euronext Paris wie an jedem normalen Arbeitstag gehandelt wird. In 
London würde die Financial Community ihre fast schon als heilig 
angesehenen Bank Holidays in den Wind schießen und sich für 
zusätzliche Arbeitstage in den Handelssälen und Büros versammeln. 
Dies alles ist ziemlich undenkbar.
Und wenn die Börsen in New York, Paris und London doch den 
Feiertagshandel gegen alle Vernunft einführen würden, so wären die 
Händler weitestgehend unter sich. Die Anleger würden durch 
Abwesenheit glänzen, die Umsätze wären vernachlässigenswert.
Nun gibt es bekanntlich einen führenden Börsenplatz, auf dem 
bislang jedenfalls noch an vier amtlichen Feiertagen Handel getrieben
wird. Die Deutsche Börse und in ihrem Fahrwasser die Regionalbörsen 
bieten Anlegern seit 1999 den Feiertagshandel an Christi Himmelfahrt,
Pfingstmontag, Fronleichnam und am Tag der deutschen Einheit an. Wie 
nicht anders zu erwarten, sind die Volumina gering, die 
Kursbewegungen teilweise erratisch. Dem geringen Nutzen des 
Feiertagshandels stehen hohe Kosten gegenüber. Denn neben den 
Systemen der Deutschen Börse und der Regionalplätze muss der gesamte 
Apparat des Finanzplatzes aus Back Offices, Datennetzen und sogar 
Zahlungsverkehrssystemen am Laufen gehalten werden. Die Abschaffung 
des ungeliebten Feiertagshandels ist daher überfällig.
Dem Vernehmen nach sperrt sich die Deutsche Börse nicht mehr gegen
diesen Schritt, zumal der Initiator des Feiertagshandels, der 
ehemalige Börsenchef Werner Seifert, längst Reto Francioni Platz 
gemacht hat. Zu Seiferts Ehrenrettung sei allerdings angemerkt, dass 
die Entscheidung Ende der neunziger Jahre längst nicht so abwegig 
war, wie sie heute manchem Beobachter erscheinen mag. Seifert sah 
sich von US-Börsen unter Druck gesetzt, die so etwas wie einen 
globalen Aktienhandel rund um die Uhr einführen wollten. Daraus wurde
bekanntlich nichts, aber dem deutschen Aktienmarkt blieb der 
Feiertagshandel als Anachronismus aus den Zeiten des Börsen-Hype 
erhalten.
(Börsen-Zeitung, 14.6.2006)

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