Alle Storys
Folgen
Keine Story von dpa-Faktencheck mehr verpassen.

dpa-Faktencheck

Prognose zu 55 Milliarden Euro Flüchtlingskosten völlig überholt

Berlin (ots)

Wie viel Kosten entstehen in Deutschland durch Flüchtlinge? Darüber werden immer wieder verschiedene Zahlen verbreitet. Häufig ist etwa von 55 Milliarden Euro pro Jahr die Rede. Als Quelle dient dabei das Institut für Weltwirtschaft Kiel.

BEWERTUNG: Es handelt sich um eine längst veraltete Prognose vom Dezember 2015 für das Jahr 2022. Wegen rückläufiger Flüchtlingszahlen schätzt das Wirtschaftsinstitut selbst die Kosten inzwischen deutlich niedriger ein.

FAKTEN: Es wird verbreitet, die Flüchtlingskosten in Deutschland beliefen sich auf 55 Milliarden Euro pro Jahr. Das soll das «Institut für Wirtschaftsforschung» in Kiel ermittelt haben.

Gemeint ist anscheinend das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW), das im Dezember 2015 tatsächlich auf mögliche Kosten von bis zu 55 Milliarden Euro für das Jahr 2022 gekommen war (http://dpaq.de/8aiVA) - allerdings anhand der Flüchtlingszahlen von Ende 2015.

Voraussetzung für die IfW-Prognose war, dass «eine Million Flüchtlinge jährlich nach Deutschland» kommen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lebten Ende 2018 insgesamt knapp 1,8 Millionen Schutzsuchende in Deutschland (http://dpaq.de/AOcSc). Es haben also pro Jahr viel weniger als eine Million Menschen Deutschland erreicht.

Seit 2016 geht die Zahl der Asylsuchenden stärker zurück als angenommen. Die Zahlen der jährlichen Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (http://dpaq.de/brfC4):

2015: 476 649

2016: 745 545

2017: 222 683

2018: 185 853

Inzwischen geht das IfW von deutlich niedrigeren Flüchtlingskosten aus. Schon im Dezember 2015 wiesen die Forscher darauf hin, dass ihre Schätzungen mit großen Unsicherheiten behaftet seien. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur im August 2019 erklärte das IfW erneut, dass nicht abzusehen gewesen sei, wie viele Menschen kommen. Man habe Zahlen angenommen, die viel höher waren als tatsächlich.

   ---

Links:

Prognose des Instituts für Weltwirtschaft Kiel zu Flüchtlingskosten 2022 (vom Dezember 2015): https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/medieninformationen/2015/simulation-von-fluechtlingskosten-bis-2022-langfristig-bis-zu-55-mrd-eur-jaehrlich/

Statistisches Bundesamt über Schutzsuchende: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Tabellen/schutzsuchende-zeitreihe-schutzstatus.html

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Flyer/flyer-schluesselzahlen-asyl-2018.pdf?__blob=publicationFile

Facebook-Post: https://www.facebook.com/1092061354161664/photos/a.1629292647105196/2623362534364864/?type=3&theater (archiviert: http://dpaq.de/Vkizx)

   ---

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

© dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH. Die vorstehenden Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Jegliche Nutzung von Texten, Grafiken und Bildern ohne vertragliche Vereinbarung oder sonstige ausdrückliche Zustimmung der dpa ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe sowie Speicherung, Bearbeitung oder Veränderung. Alle Rechte bleiben vorbehalten.

Weitere Storys: dpa-Faktencheck
Weitere Storys: dpa-Faktencheck
  • 20.08.2019 – 14:15

    Kind stirbt unter Rolltor - Verursacher längst ermittelt

    Berlin (ots) - Im Internet wird derzeit in einem Beitrag unter der Rubrik «Eilmeldung» behauptet, in Neu Wulmstorf bei Hamburg sei «am Freitagnachmittag» ein Kleinkind durch ein herabgestürztes Rolltor erschlagen worden. Nach dem Verursacher, einem Lkw-Fahrer, werde gesucht. BEWERTUNG: Es handelt sich um keinen aktuellen Fall. Das Mädchen war im Ende 2018 bei dem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Der ...

  • 20.08.2019 – 14:07

    Siebenjährige wurde im Januar 2019 nach wenigen Stunden gefunden

    Berlin (ots) - Im Internet wird derzeit verbreitet, ein siebenjähriges Mädchen sei vermisst. Die Polizei suche nach der verschwundenen Schülerin. BEWERTUNG: Das Kind wurde im Januar 2019 für wenige Stunden gesucht. Die Polizei gab damals schnell bekannt, dass die Schülerin wieder wohlbehalten zu Hause angekommen war. FAKTEN: Auf der Internetseite «polizei.to» ist kürzlich ein Artikel über das verschwundene ...

  • 19.08.2019 – 13:38

    Die Kosten für Nahrung, Wohnraum, Bildung und Medizin sind höher

    Berlin (ots) - Im Netz kursieren verschiedene Versionen eines Bildes, auf dem ein Soldat zu sehen ist, der einen Stapel Bücher trägt. Im Text dazu werden Ausgaben für Waffen mit der Summe verglichen, mit der man ein Jahr lang «alle Menschen mit Nahrung, Wasser, Wohnraum versorgen» und ihnen «Gesundheitsfürsorge und Bildung» ermöglichen könne. Diese Summe wird in einer Fassung mit 17 Milliarden, in einer anderen ...