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IKK e.V.

Paradigmenwechsel bei der ePA: Vom Technologie- zum Vertrauensprojekt

Berlin (ots)

32. Plattform Gesundheit des IKK e.V. / ePA als Gamechanger für medizinische Versorgung / Vertrauen und Gesundheitskompetenz sind Schlüsselfaktoren für den Erfolg/ Kassen als aktive Mitgestalter in der digitalen Versorgung

Deutschland steht hinsichtlich der elektronischen Patientenakte (ePA) besser da, als oft dargestellt wird. Die ePA hat sich seit Einführung von einem reinen Technologieprojekt zu einem Versorgungs- und Vertrauensprojekt entwickelt. Bereits jetzt ist sie für Patientinnen und Patienten sowie für Ärztinnen und Ärzte ein echter Gamechanger. Dafür benötigt sie aber stabile politische Rahmenbedingungen und einen "ermöglichenden Datenschutz". So lautet das Fazit der Diskussionsteilnehmer der 32. Plattform Gesundheit des IKK e.V., die gestern stattfand. Unter dem Titel "Die ePA im Praxistest - Chancen, Herausforderungen und Perspektiven" diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der Kosten- und Leistungserbringer, aus Politik, Technologie und Gesundheitswirtschaft sowie rund 120 Gäste digital und vor Ort.

Der entscheidende Schlüssel für den weiteren Erfolg liegt in der aktiven und zielgerichteten Kommunikation, Aufklärung und Information durch alle Akteure, um den konkreten Nutzen für Patientinnen und Patienten im Versorgungsalltag erlebbar zu machen. Nur so wird Vertrauen entstehen und die Akzeptanz wachsen. Hierfür sind aber auch Anstrengungen und politische Weichenstellungen notwendig, um die Gesundheitskompetenz gezielt zu verbessern.

Der Rollout der "ePA für alle" zu Beginn des Jahres markiert einen Paradigmenwechsel, stellte Hans Peter Wollseifer, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V., in seinem Eingangsstatement heraus. Jahrzehntelang habe der technische Aufbau der Telematik-Infrastruktur im Vordergrund gestanden. Heute gehe es darum, wie diese Daten genutzt werden können und sollen. "Nämlich für eine bessere medizinische Versorgung", betonte Wollseifer.

"Wir sind mit der ePA "on the road", bestätigt auch Annette Rennert, Fachärztin für Allgemeinmedizin in der Praxis im Kaiserviertel in Dortmund. Auch wenn man an der einen und anderen Stelle noch adjustieren müsse, sei aber wichtig, dass die ePA endlich Fahrt aufnehme. "Die ePA ist ein Gamechanger für die medizinische Versorgung", sagt die Hausärztin. Aus der Praxis berichtet sie darüber, wie auch Menschen ohne eigenen Zugang von der ePA profitieren, etwa Pflegefälle im Heim. Denn durch die Medikationsliste erhalte sie erstmals einen Überblick über die Medikation ihrer Patienten, dies sei ein großer Gewinn für die Patientensicherheit.

Wesentlicher Dreh- und Angelpunkt der ePA ist das Vertrauen aller Beteiligten in die ePA. Hierfür ist die Sicherheit der Daten ausschlaggebend. "Aus Patientensicht ist es gut, dass es aktuell eher langsam vorangeht", sagte Erkan Ertan, Leiter des Arbeitsstabes des Patientenbeauftragten. Die Befähigung der Patientinnen und Patienten, eigenständig mit ihren Daten umzugehen, sei das größte Projekt und zugleich die größte Herausforderung. "Wenn die Politik nicht die Rahmenbedingungen schafft, wird die Wirtschaft es übernehmen - das birgt Risiken für die Patienten", warnte Ertan. Die nächsten Meilensteine müssten patientenorientierter sein, um Vertrauen zu stärken. "Vertrauen muss man sich über Jahre erarbeiten, aber es kann auch schnell verloren gehen", so Ertan.

Das Vertrauen habe auch die ELGA in Österreich erfolgreich gemacht, berichtet Dr. Stefan Sabutsch, Technischer Geschäftsführer der ELGA GmbH. Bei über neun Millionen Einwohnern in Österreich hätten nur rund 280.000 der Nutzung widersprochen. Die komplexen Finanzierungs- und Steuerungsstrukturen erschwerten aber zu Beginn die Entwicklung. In Österreich finanzieren und steuern Bund, Länder und Sozialversicherung im Konsens die ELGA, so Dr. Sabutsch. Die ELGA sei von Beginn an ein System "von Profis für Profis" gewesen, das unterscheidet sie von der Konzeption der ePA, die gezielt den Versicherten einbezieht.

Für Lena Dimde, Product Ownerin der ePA bei der gematik GmbH, ist die ELGA mit ihrer 99,9-prozentigen Verfügbarkeit der "Nordstern". Dies wünscht sie sich natürlich auch für die deutsche ePA. Die ePA sei aber auf sehr gutem Wege: Nach den Erfahrungen der ersten Phase befinde man sich jetzt in der Phase der Fehlerbehebung. "Wir sind gar nicht mehr so weit vom Regelbetrieb entfernt", so Dimde. Die Grundvoraussetzung sei natürlich, dass die technische Infrastruktur arbeite und alle Akteure eingebunden seien. Sie verweist darauf, dass die Einführung der ePA eines der größten IT-Projekte Europas sei.

Eine stärkere Einbindung wünscht sich auch die Kassenseite. Robert Leitl, Verwaltungsratsvorsitzender der BIG direkt gesund und Mitglied im Beirat der gematik, wünscht sich die ePA als eine interoperable Plattform, an der künftig auch kassenbezogen neue Dienste andocken können. Darüber hinaus wünscht sich Leitl, dass die Kassen die ePA-Daten für präventive Angebote nutzen dürfen. Auch der Vorstandsvorsitzende des IKK e.V. Wollseifer plädiert dafür, die Kassen in Bezug auf den Einsatz und die Ergänzung weiteren Raum zu geben: "Wir wollen nicht nur Finanzierer der Digitalisierung sein, sondern Mitgestalter einer modernen, datenbasierten Versorgung." Er verweist darauf, dass die ePA den Kassen die Möglichkeit eröffne, Versorgungslücken früher zu erkennen, Präventionsangebote gezielt zu steuern und Versicherte aktiver in die Versorgungssteuerung einzubeziehen. "Diese neue Rolle lässt sich gut umschreiben mit den Worten vom "Payer zum Player" und wir wollen sie annehmen und für unsere Versicherten ausfüllen", so Wollseifer.

Mammut-Thema für die weitere Etablierung und Akzeptanz der ePA ist die Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz. Entscheidender Aspekt hierfür sind Informationen zur ePA und Aufklärung. Robert Leitl sieht hier aber einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag: "Die Aufgabe der Kassen ist es, regelmäßig zu informieren, aber die Stärkung der digitalen Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten müsse auf breiten Schultern getragen werden." Des Weiteren müsse die Nutzerfreundlichkeit gestärkt werden. "Damit die ePA wirklich in der Versorgung ankommt, braucht es nun eine 'Killer-Applikation' für die ePA, also eine Schlüsselanwendung - was Netflix für Smart TVs oder WhatsApp für Smartphones war", erklärt Allgemeinmedizinerin Rennert.

In seinem Schlusswort appelliert Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK e.V., dann auch zu Realismus und Vertrauen: "Wir sind gar nicht so schlecht, wie wir uns oft sehen. Ich wünsche mir, dass das Vertrauen in die ePA wächst und das Feld nicht den großen Tech-Konzernen überlassen wird." Zudem brauche es mehr Möglichkeiten für Kassen, fordert auch er, Daten für prädiktive und präventive Maßnahmen zu nutzen. Hier verweist Hohnl auf eine forsa-Umfrage im Auftrag des IKK e.V. von 2023, die gezeigt hat, dass 81 Prozent der Befragten die Datennutzung durch die Kassen befürworten. Aber insgesamt zeige sich die ePA tatsächlich als Gamechanger. "Die ePA ist auf dem guten Weg, zum digitalen Herzstück des deutschen Gesundheitssystems zu werden." Gespannt dürfe man sein, welche Impulse aus dem Berliner Digitalgipfel auf der einen Seite und der angekündigten "Entrümpelung" und Deregulierung des Datenschutzes auf der europäischen Ebene auf der anderen Seite für die Digitalisierung des Gesundheitswesens genutzt werden können. Mit einem Zitat des Bundesministers für Digitalisierung und Staatsmodernisierung schließt Jürgen Hohnl die 32. Plattform Gesundheit: "Wir müssen den Fuß von der Bremse nehmen."

Über den IKK e.V.:

Der IKK e.V. ist die Gemeinsame Vertretung der Innungskrankenkassen auf Bundesebene. Der Verein wurde 2008 gegründet mit dem Ziel, die Interessen seiner Mitglieder und deren Versicherten gegenüber allen wesentlichen Beteiligten des Gesundheitswesens zu vertreten. Die Innungskrankenkassen stehen für 5,1 Mio. Versicherte.

Pressekontakt:

Pressesprecherin
Iris Kampf
Tel.: 030 202491-32
Fax: 030 202491-50
E-Mail: iris.kampf@ikkev.de

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