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Afghanistan
Frauenrechtlerin Monika Hauser, Gründerin von medica mondiale: Wir sind wütend und enttäuscht über die Verantwortungslosigkeit der deutschen Behörden

Berlin (ots)

Monika Hauser, Gründerin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale, äußert scharfe Kritik an der Bundesregierung. Noch immer seien viele Aktivistinnen in Afghanistan, sie müssten um ihr Leben fürchten.

Hauser sagte der "Heilbronner Stimme": "Unsere afghanischen Kolleginnen sind immer noch in Kabul. Ihre Evakuierung ist in letzter Minute gescheitert. Vorher haben sie es an den Checkpoints der Taliban vorbei bis zum Flughafen geschafft. Doch am Tor wurde ihnen der Zugang zum Flughafengelände verwehrt. Und das, obwohl die deutschen Behörden uns versichert hatten, dass die Listen mit den Namen der Frauen und ihren Familien bei den Truppen im Flughafen vorliegen. Die Kolleginnen mussten daraufhin die Aktion abbrechen. Wir sind in ständigem Austausch. Die Verunsicherung und die Sorgen werden immer größer."

Die Vorstandsvorsitzende von medica mondiale betonte: "Wir sind wütend und enttäuscht über die Verantwortungslosigkeit der deutschen Behörden in diesen Tagen. Es gab die ganze Zeit keine verlässlichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Auswärtigen Amt, die uns Auskunft gegeben hätten über die Abläufe der geplanten Evakuierungen oder darüber, was die nötigen Voraussetzungen für Evakuierungen waren."

Die medica-mondiale-Geschäftsführerin sagte weiter: "Der Kontakt zur Bundeswehr am Kabuler Flughafen, der uns für diesen Tag vom Auswärtigen Amt zugewiesen wurde, war im entscheidenden Moment nicht erreichbar." Sie betonte mit Blick auf die Ortskräfte: "Deutschland ist in dieser Frage seiner moralischen und politischen Verantwortung nicht gerecht geworden. Die Ortskräfte, die direkt oder indirekt den Einsatz der Bundeswehr unterstützt haben, und all diejenigen, die in der Zivilgesellschaft engagiert waren, wurden im Stich gelassen. Von Anfang an haben sie das politische Vorhaben der Bundesregierung in Afghanistan unterstützt und überhaupt erst möglich gemacht - und dafür sind sie jetzt in ihrem Leben bedroht. Dieser Umgang ist unmenschlich und macht uns fassungslos."

Nun seien wohl direkte Gespräche mit den Taliban unumgänglich. Hauser: "Wenn die Taliban monieren, dass sie niemandem etwas antun, der nach der Scharia lebt, dann muss klar sein, dass das ist eine Sache der Auslegung ist. Und die bisherige Auslegung der Taliban war für Frauen tödlich. Dennoch muss natürlich mit den Taliban auf politischer Ebene gesprochen werden. Und dabei muss die Bundesregierung die Einhaltung der Menschenrechte und insbesondere Frauenrechte immer zur Voraussetzung machen für jegliche politische oder wirtschaftliche, also auch finanzielle Unterstützung. Und dazu zählt ganz besonders der Schutz von Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten und insbesondere Frauenrechtlerinnen und Frauenrechtlern."

Frauenrechtsaktivistinnen in Afghanistan hätten mehr als 20 Jahre "unermüdlich und gegen alle Widerstände für gesellschaftliche Veränderung gekämpft", so Hauser, und sie ergänzte: "Unsere Kolleginnen haben einen wichtigen Platz in der afghanischen Zivilgesellschaft eingenommen. Sie sind Inspiration für viele junge Afghaninnen und Afghanen. Sie haben andere Frauen dabei unterstützt, ihren Weg zu gehen und gestärkt zu sein. Dieses Bewusstsein und diese Kraft wird gerade in der jüngeren Generation weiter leben. Frauen und Mädchen in Afghanistan werden sich ihre Rechte nicht mehr so einfach nehmen lassen."

Pressekontakt:

Heilbronner Stimme
Hans-Jürgen Deglow
Chefkorrespondent / Berlin
hans-juergen.deglow@stimme.de

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