Alternative Ansichten von Anstand - Frank Überall (Kölnische Rundschau) über US-Sanktionen gegen die deutsche Organisation "HateAid"
Köln (ots)
Dass der US-amerikanische Präsident Donald Trump Lügen als "alternative Fakten" bezeichnet, ist nicht neu. Nun aber hat er offenbar ein neues Konzept des alternativen Anstands für sich entdeckt. Indem er unter anderem die gemeinnützige deutsche Organisation "HateAid", die sich für Menschenrechte engagiert, mit Sanktionen bedacht hat, schafft er sich - wieder einmal - eine ganz eigene Realität.
Trump nimmt damit eine Haltung ein, die weltweit zunehmend um sich greift: Autoritäre Regime versuchen, mit den Mitteln des Rechts unliebsame Kritik auszubremsen. Betroffene können zumindest in die jeweiligen Länder nicht mehr reisen. Ob Russland, Türkei, Volksrepublik China oder jetzt auch die USA - in vielen Nationen kann man verfolgt werden, nur weil man seine Meinung äußert oder sich für Meinungsfreiheit einsetzt. Perfide ist es, dass im Fall von Trump die Strafaktion auch noch mit dem Deckmantel der vermeintlich bedrohten Meinungsfreiheit begründet wurde.
Wenn hierzulande manche behaupten, man könne seine Meinung nicht mehr frei äußern, sollten sie sich vor Augen führen, was eine willkürliche Interpretation von Anstand tatsächlich bewirken kann. Im Zweifel ist nicht einmal ausgeschlossen, dass bei bloß missliebigen Äußerungen auch strafrechtliche Schritte eingeleitet werden und ein internationaler Haftbefehl droht. Das hätte zur Folge, dass Beschuldigte nicht nur nicht mehr in die entsprechenden Länder reisen können, sondern auch in anderen Staaten jederzeit damit rechnen müssen, festgenommen zu werden.
Zivilgesellschaftliches Engagement wie das von "HateAid" droht damit ausgetrocknet zu werden. Gleichzeitig dürfen vor allem US-amerikanische Internetplattformen ungehemmt gegen die gesellschaftlichen - und auch juristischen - Regeln des Anstands verstoßen, ohne dass das konsequent geahndet wird. Diese Verdrehung von Anstand lässt fassungslos zurück.
Dabei vergiftet Donald Trump selbst immer wieder mit seiner persönlichen Hass-Meinung das politische Klima, wenn er etwa Menschen aus Somalia als "Müll" bezeichnet, sich wünscht, dass ein Satiriker "eingeschläfert" werden solle oder politische Gegner ausgerechnet in der Weihnachtsansprache als "Abschaum" bezeichnet. Hätte das jemand aus der deutschen Bundesregierung getan, wäre "HateAid" wohl zum Glück schnell zur Stelle gewesen, um den Anstand zu verteidigen.
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