Lebensversicherung unter Druck: "Wenn die Neo-Broker in die Altersvorsorge kommen, fressen sie uns auf."
Frankfurt am Main (ots)
Beim zweiten Life Insurance Innovation Circle von BearingPoint, HBA-Consulting, myPension, ODDO BHF und Vanguard wurde im Klartext über die Zukunft der Altersvorsorge gesprochen und wichtige Impulse für Reformen und Innovationen in der Lebensversicherung gegeben. Referenten aus Forschung und Wirtschaft sowie Verbandsvertreter setzten hochwertige Akzente.
Damit Lebensversicherer nicht weiter an Marktpräsenz einbüßen, ist ein radikales Umdenken ihrer Geschäftsmodelle erforderlich. Denn seit Jahren stagnieren die Neugeschäftszahlen und auch der Bestand an Kunden schmilzt, demographisch bedingt, immer stärker ab. Durch ausbleibende Produktinnovationen und die viel zu zaghaft angegangene digitale Transformation des eigenen Geschäftsmodells wird der Abstand zu neuen Mitbewerbern um Altersvorsorgekunden immer größer. Zur Einordnung: Trade Republic, der größte Neo-Broker Deutschlands, konnte im Jahr 2024 ca. 2,8 Mio. Neukunden hinzugewinnen. Und somit mehr als die gesamte Versicherungsbrache, die es im Jahr 2024 insgesamt auf lediglich 2,4 Mio. Neukunden schaffte. Um diese Entwicklung zu stoppen, sind umfassende Veränderungen in den Bereichen Vertrieb, Produktgestaltung und IT-Infrastruktur notwendig.
Beim zweiten Life Insurance Innovation Circle von BearingPoint, HBA-Consulting, myPension, ODDO BHF und Vanguard nahmen die Teilnehmer auf dem Podium kein Blatt vor den Mund - sie sprachen mit ungeschönter Analyse über den Reformstau in der Altersvorsorge, die zukünftige Rolle der Lebensversicherer und über die Unterschiede in den regulatorischen Rahmenbedingungen.
Verschärfter Wettbewerb
Um möglichst unterschiedliche Perspektiven in die Diskussion einzubringen, wurde das hochkarätig besetzte Panel bewusst aus verschiedenen Bereichen der Branche zusammengestellt. Thomas Soltau, CEO von Smartbroker+, sprach als Vertreter der neuen "Challenger" in einem Impulsvortrag und hob die Vorteile der Neo-Broker gegenüber Lebensversicherungslösungen hervor: kostengünstiger, transparenter, renditestark - und vor allem digital überlegen. Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, betonte hingegen, dass modernere Rentenversicherungen mit geringerer Garantie vielen konservativen deutschen Sparern überhaupt erst den Weg in kapitalmarktorientierte Altersvorsorgelösungen ebnen würden. Georg Kornmayer, Geschäftsführer des Maklerpools Fondsnet, bestätigte, dass ein Großteil der Lebensversicherungsbranche auf den verschärften Wettbewerb nicht vorbereitet sei und massiv an Marktanteilen zu verlieren drohe, wenn Neo-Brokern und anderen Wettbewerbern der Zugang zur Altersvorsorge geöffnet werde. Stefan Weinert, Global Head of Insurance bei der Deutschen Bank, betonte, dass Beratungsangebote auch zukünftig im komplexen Markt für Altersvorsorgelösungen eine wichtige Rolle spielen und es generell darum gehe, mehr Menschen für die Altersvorsorge zu gewinnen.
"Frühstart-Rente" - ein Ablenkungsmanöver?
Beim Thema "Frühstart-Rente" war sich die Runde schnell einig: Diese dürfe nicht als losgelöste Produktlösung eingeführt werden. Viel wichtiger sei es, so schnell wie möglich eine Reform der Riester-Rente umzusetzen, um der "mittleren" Generation der heute 30- bis 50-Jährigen eine geförderte und sinnvolle Vorsorge zu ermöglichen. Cvetelina Todorova, Leiterin Altersvorsorgepolitik beim BVI, warnte, dass die Frühstart-Rente nicht zu einem Ablenkungsmanöver werden darf, um den Druck von der Politik zu nehmen, eine echte Altersvorsorge-Reform für den Großteil der Bevölkerung auf den Weg zu bringen.
Wie viel Verbesserungsbedarf und gleichzeitig Wachstumspotential im Geschäftsmodell Lebensversicherung noch steckt, zeigte sich in den folgenden Vorträgen branchenbekannter Experten.
Massive Herausforderungen in Vertrieb und Produktentwicklung
Dr. Reiner Will stellte die aktuelle Wiederanlagestudie der Assekurata vor. Durchschnittlich rund 135 Mio. Euro an Kundengeldern werden jeden Tag von Lebensversicherern ausgezahlt. Damit verlieren Versicherer jährlich mehr Kundengelder, als sie über Einmalanlagen gewinnen. Auch in der Rentenphase mangelt es seit Jahren an Innovationen und leistungsfähigen Produkten, wie Frank Genheimer von New Insurance Business und Alberto del Pozo von myPension aufzeigten. Beide warnten: Auch hier werden Fondsgesellschaften, digitale Vermögensverwalter und Neo-Broker demnächst mit neuen, intelligenten Auszahlplänen den Konkurrenzdruck massiv erhöhen.
Sascha Ahmadi von HBA-Consulting AG skizzierte die notwendige nächste Entwicklungsstufe der klassischen Produkte, um den Kundenanforderungen für eine bezahlbare Altersvorsorge gerecht zu werden. Einen wesentlichen Produktbestandsteil beleuchtete Prof. Dr. Alexander Kling vom ifa Ulm und gab tiefe Einblicke in die Funktionsweisen von unterschiedlichen Glättungsverfahren, die den direkten Einfluss von Kapitalmarktschwankungen (aktienorientierter Produkte) auf die Kunden abmildern sollen.
Julian Hosse von Vanguard präsentierte die 24. Auflage der Studie "How America Saves" und zeigte auf, was vom US-Markt gelernt werden kann und welche Rolle Modellportfolios dabei spielen.
Effizienzsteigerungen durch neue Technologien
Eine Lösung für die vielen Herausforderungen der Lebensversicherer könnte im intelligenten Einsatz neuer Technologien und Innovationen liegen. Prof. Dr. Andreas Hackethal stellte die an der Frankfurter Goethe-Universität entwickelte Seasn-App vor und ermutigte die anwesenden Versicherer, die Generation Z (und andere) künftig gezielter durch passende Finanzplanungstools anzusprechen, die mithilfe künstlicher Intelligenz immer präziser werden.
Maxim Pertl präsentierte die cloud-native Front-to-Back-Investment-Management-Plattform von Clearwater Analytics, die speziell auf das moderne FLV-Geschäft ausgerichtet ist und wesentliche Funktionalitäten KI-gestützt optimiert. Ralf Reisinger von BearingPoint gab einen Einblick in den aktuellen Stand der "Kaleidoscope-Studie Leben" hinsichtlich Status und Herausforderungen der Branche bei der Transformation der Kernversicherungssysteme. Georg Knümann von BearingPoint zeigte, wie rasant die Entwicklung von KI voranschreitet und dass zukünftig Software per Sprache schnell, einfach und weitestgehend ohne Programmierer durch den Einsatz von GenAI generiert werden kann und dadurch signifikante Einsparungspotenziale erzeugt werden.
Die Zukunft der Lebensversicherung
Am Ende des Tages wurde allen Anwesenden bewusst: Die Lebensversicherung hat eine Zukunft. Aber nur wenn sie sich jetzt unmittelbar in einen kompromisslosen und tiefgreifenden Transformationsprozess begibt, der sowohl den Vertrieb, die Produkte als auch die bestehende IT-Infrastruktur umfasst. Andernfalls wird die neue Konkurrenz die Lebensversicherungsbranche "auffressen".
Über BearingPoint
BearingPoint ist eine unabhängige Management- und Technologieberatung mit europäischen Wurzeln und globaler Reichweite. Das Unternehmen agiert in drei Geschäftsbereichen: Consulting, Products und Capital. Consulting umfasst das klassische Beratungsgeschäft mit dem Dienstleistungsportfolio People & Strategy, Customer & Growth, Finance & Risk, Operations sowie Technology. Im Bereich Products bietet BearingPoint Kunden IP-basierte Managed Services für geschäftskritische Prozesse. Capital deckt die Aktivitäten im Bereich M&A, Ventures, und Investments von BearingPoint ab.
Zu BearingPoints Kunden gehören viele der weltweit führenden Unternehmen und Organisationen. Das globale Netzwerk von BearingPoint mit mehr als 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt Kunden in über 70 Ländern und engagiert sich gemeinsam mit ihnen für einen messbaren und langfristigen Geschäftserfolg.
BearingPoint ist eine zertifizierte B Corporation, die hohe soziale und ökologische Standards erfüllt.
Weitere Informationen:
Homepage: www.bearingpoint.com
LinkedIn: www.linkedin.com/company/bearingpoint
Über HBA-Consulting
HBA-Consulting eine aktuarielle, provider- und anbieterunabhängige Unternehmensberatung in privater Hand mit Kundenfokus auf Lebensversicherung und Finanzdienstleistung. Die Beratungsschwerpunkte liegen u.a. auf dem Bereich Migration und Strategischer Produktplanung.
Über myPension
myPension ist ein in Frankfurt ansässiges InsurTech-Unternehmen, das 2016 als erster Anbieter auf dem deutschen Markt eine vollständig digitale, provisionsfreie ETF-basierte Rentenversicherung für Endkunden einführte. In der Folge hat myPension Frontend- und Backendlösungen im Bereich der Lebensversicherung zu einer hochmodernen Plattform zusammengeführt, auf der innovative Produktlösungen für Lebensversicherer, Banken und Finanzvertriebe effizient und schnell implementiert werden können. Seit 2023 bietet myPension die eigene, hochmoderne und flexible IT-Plattform in Form eines White-Label-Services auch B2B-Partnern zur Entwicklung und Vermarktung von Produktlösungen an.
Über ODDO BHF
ODDO BHF SE entstand aus dem Zusammenschluss der familiengeführten Bank Oddo & Cie. mit Wurzeln in Marseille und der Frankfurter BHF-BANK. Die unabhängige europäische Finanzgruppe, die in den drei Bereichen Private Wealth Management, Asset Management und Corporates & Markets aktiv ist, profitiert von ihren starken deutsch-französischen Wurzeln. Ein Teil der Gruppe ist die moderne und innovative B2B Fondsplattform "IFP - Institutional Fund Platform", die sich insbesondere auf die Bedürfnisse und Anforderungen von Lebensversicherungen im Unit-Linked Geschäft spezialisiert hat. Die Institutional Fund Plattform ist seit über 20 Jahren ein verlässlicher Partner der Versicherungsbranche im Rahmen der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren in Depots des Sicherungsvermögens.
Über Vanguard
Die Gründung von Vanguard im Jahr 1975 geht auf eine so einfache wie revolutionäre Idee zurück: eine Fondsgesellschaft, die ihren Fondsanlegern gehört. Deshalb ist Vanguard Eigentum der Vanguard Fonds in den USA, welche wiederum ihren Anlegern gehören. Diese einzigartige Struktur reduziert Interessenkonflikte zwischen dem Unternehmen und seinen Eigentümern. Heute gehört Vanguard zu den angesehensten Fondsgesellschaften der Welt mit 50 Millionen Kunden, die nicht nur ihr Geld in Vanguard Fonds anlegen, sondern dem Unternehmen ihre finanzielle Zukunftsplanung anvertrauen. Vanguard entwickelt zahlreiche Fonds, Beratungs- und Vorsorgelösungen für Privatanleger, institutionelle Investoren und professionelle Anleger weltweit und verwaltet ein Anlagevermögen von über 11,3 Billionen US-Dollar (Stand 31. August 2025).
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