Gedenken an Völkermord in Ruanda: "Ich musste drei Morde gestehen und den Überlebenden dabei in die Augen schauen"
Hutu und Tutsi erzählen Geschichten der Hoffnung
Friedrichsdorf, 6. April 2009 (ots)
15 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda 1994 benötigen immer noch viele der Überlebenden psychologische und finanzielle Hilfe. Es gibt aber auch mehr und mehr Geschichten von Versöhnung, berichten Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Vision in Ruanda. Bei dem Völkermord hatten Angehörige der Hutu-Mehrheit innerhalb weniger Monate rund eine Million Tutsi getötet.
Nach Regierungsangaben lebt ein großer Teil der rund 300.000 Überlebenden heute in extremer Armut. 50 Prozent der betroffenen Kinder gehen aufgrund der armen Lebensverhältnisse nicht mehr zur Schule. World Vision setzt sich seit 15 Jahren für die Genozid-Opfer in Ruanda ein - mit Armutsbekämpfung sowie Friedens- und Aussöhnungsprogrammen. Die Helfer haben bisher rund 200.000 Männer und Frauen, die von Verfolgung, Vergewaltigung und Mord traumatisiert waren, psychologisch betreut. Mehr als 10.000 Jugendliche haben spezielle Workshops zur Versöhnung besucht. Rund 250.000 Bewohner verschiedenster Dörfer und Gemeinden sind geschult worden, damit sie Betroffene beim täglichen Leben unterstützen können.
Eines der Beispiele, die Hoffnung machen, ist der Fall des 37-jährigen Elie Musabyimana. Vor 15 Jahren hatte Elie mit einer Hutu-Bande die Familie des Tutsi-Angehörigen Celestine überfallen und drei Familienmitglieder grausam getötet. Für die Morde musste er zehn Jahre ins Gefängnis. Wieder in Freiheit besuchte Elie einen World Vision-Workshop zur Aussöhnung. Dort traf er auf seine alten "Feinde" und auf den Überlebenden Celestine. Elie musste aufstehen, seine Sünden von Völkermord gestehen und den Überlebenden dabei in die Augen schauen. Das Opfer Celestine sagt: "Das Geständnis hat mich sehr gerührt. Man hat Elie angesehen, dass es ihm wirklich Leid tat. Das hat mir geholfen, ihm zu vergeben. Ich bin aufgestanden, zu ihm hingegangen und habe ihn umarmt, während andere uns applaudierten."
Um die Aussöhnung voranzutreiben und insbesondere mittellose Waisenkinder und Witwen zu versorgen, drängt World Vision die politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträger in Ruanda, das bisherige Engagement aufrechtzuerhalten. Zigtausend Frauen und Kinder brauchen weiterhin Unterstützung. Von den Folgen des Völkermords ist nahezu jede Familie in irgendeiner Form betroffen - durch Tod, Vergewaltigung oder Vertreibung. Der Völkermord und die Ausweitung von HIV/AIDS haben zur Folge, dass es in Ruanda mehr als eine Million Waisenkinder gibt. Jedes dritte Kind hat ein oder beide Elternteile verloren, das ist einer der höchsten Werte weltweit.
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HINTERGRUND
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