Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westfalen-Blatt mehr verpassen.

Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: zum Brexit

Bielefeld (ots)

Die Briten sind für ihren schwarzen Humor bekannt. So lassen sich auch Niederlagen besser ertragen. Wir kennen den berühmten Satz, den Fußballprofi Gary Lineker nach dem Halbfinal-Aus gegen Deutschland bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien sagte: »Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.« Was das mit dem Brexit zu tun hat? Gar nichts. Ein Scheitern im Halbfinale ist sicher nicht mit dem EU-Aus zu vergleichen. Oder doch? Mancher Brite wäre sicher lieber ins Finale gekommen und stattdessen in der EU geblieben... Richtig ist, dass das Vereinigte Königreich Kummer gewohnt ist. Die Schotten, die längst erkannt haben, was auf dem Spiel steht, können aktuell davon ein Lied singen. Nicht zu vergleichen mit Fußball ist auch, dass der Brexit länger dauern wird als 90 Minuten. Und möglicherweise wird auch der Schmerz danach noch Ewigkeiten länger zu spüren sein, als das nach einem verlorenen Fußballspiel der Fall ist. Aber auch das werden viele Briten genau anders herum sehen. Auch wenn die Engländer es nur unter Zwang zugeben würden: Das knappe Halbfinal-Aus im Elfmeterschießen 1990 und schlimmer noch das Ausscheiden sechs Jahre später bei der EM im eigenen Land sowie die Niederlage gegen die DFB-Elf 2010 bei der WM in Südafrika haben das stolze England in ein lang anhaltendes Trauma versetzt, von dem es sich wohl nie mehr ganz erholen wird. Nach dem historischen Brexit-Tag wird die Welt zwar nicht untergehen - auch nicht die der Briten. Aber: Trotz aller Bekundungen wie »Lasst uns gute Freunde bleiben« (Außenminister Gabriel) oder »Wir bleiben ein enger Verbündeter« (Premierministerin Theresa May), die eher Lippenbekenntnissen gleichkommen, ist völlig klar, dass nun das große Geschacher anfangen wird. Es geht um Macht, Wirtschaftsinteressen, sehr, sehr viel Geld und nicht zuletzt um die Frage, wie stark und mächtig die EU mit ihren 27 Mitgliedstaaten ist und was vom großen Kuchen am Ende für die Briten übrig bleiben wird. Im zwei Jahre andauernden Scheidungskrieg bis zum endgültigen Austritt am 29. März 2019 müssen mehr als 20000 Gesetze und Regeln durchforstet und möglicherweise geändert werden. Nicht ganz trivial wird auch die Frage sein, wie freizügig das Reisen von Briten in andere EU-Länder oder von EU-Bürgern nach Großbritannien noch sein wird. Da stehen immerhin 60 Millionen Reisen jährlich auf dem Prüfstand. Man ahnt schon jetzt, wer langfristig der große Verlierer dieses Szenarios werden könnte. Deutschland als stärkstes EU-Land und größter Profiteur der Union sicher nicht. Für die Briten ist zu befürchten, dass Gary Lineker mit seiner Fußballweisheit Recht behält - diesmal bezogen auf die Briten und ihr Aus in der EU.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westfalen-Blatt
Weitere Storys: Westfalen-Blatt
  • 29.03.2017 – 21:00

    Westfalen-Blatt: zu hochgerechneten Patiententötungen

    Bielefeld (ots) - Kann es sein, dass alljährlich 21000 Patienten in deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen getötet werden? Mit Luftinjektionen, falschen Medikamenten, durch Unterlassung... Von Mitarbeitern, die der Druck im System so krank macht, dass sie keinen anderen Ausweg sehen, als sich »der Arbeit« kriminell zu entledigen? Pfleger Niels H., inzwischen für immer in Haft, ist die Blaupause für dergleichen ...

  • 28.03.2017 – 21:05

    Westfalen-Blatt: zum Koalitionskrach im Fall Amri

    Bielefeld (ots) - War die NRW-Ministerpräsidentin gestern trotz allem so gut gelaunt oder wollte sie sich nur nichts anmerken lassen? Während Hannelore Kraft in Düsseldorf die ersten Wahlplakate präsentierte und dabei maximale Zuversicht auszustrahlen versuchte, gingen die Grünen auf maximale Distanz zum Koalitionspartner SPD. Knapp sieben Wochen vor der Wahl ist in der rot-grünen Landesregierung mächtig Feuer ...

  • 28.03.2017 – 21:00

    Westfalen-Blatt: zu Sprachkursen

    Bielefeld (ots) - Dass im Jahr 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise vieles nicht gut lief, ist keine Neuigkeit. Gleiches gilt für das verbreitete Vorurteil, dass die Deutschkurse für Zuwanderer den Anbietern oft mehr nützen als den Teilnehmern. Die Kritik des Rechnungshofs ist berechtigt, aber 2015 stellt eben eine Ausnahmesituation dar. Der Aktionismus auf allen Ebenen war dem Flüchtlingsdruck geschuldet. Manche nannten das Kontrollverlust des Staates. Und das ...