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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Missbrauch

Bielefeld (ots)

Die Odenwaldschule wird nicht die letzte sein,
die ihre Chronik zum anstehenden Jubiläum korrigieren muss. Die Namen
mancher als Vorbild für die Gesellschaft dargestellter Pädagogen, die
von nicht wenigen Schulleitern, deren Einsatz für die ihnen 
anvertrauten Kinder in blumigen Worten beschrieben wird, sollten aus 
Festschriften traditionsreicher Bildungshäuser gestrichen werden.
Einige von ihnen waren sadistische Schläger oder Kinderschänder, die 
ihre Machtposition an Schulen und Heimen ausgenutzt haben. Kollegen, 
betroffene Ordenshäuser, Bischöfe und nicht zuletzt die Kinder haben 
lange geschwiegen - aus unterschiedlichen Motiven. Die Geschundenen 
trauten sich nicht, mit anderen Lehrern, mit Vertretern der Kirche 
und nicht einmal mit ihren Eltern über ihr Leiden zu sprechen. Lange 
haben die Gequälten die Schuld für ihr Leiden nur bei sich gesucht. 
Inzwischen wissen sie, dass ihr Schicksal kein Einzelfall ist. Man 
muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass die Zahl der bekannten
Übergriffe auf weit über tausend steigen wird.
Was mag in den Köpfen der betroffenen Kinder vorgegangen sein? Nicht 
wenige von ihnen haben darum gebetet, dass sie vor ihren Peinigern 
geschützt werden wollen. Wie stark muss ihr Glaube sein, wenn sie 
nach diesen Erlebnissen der Kirche nicht für immer den Rücken kehren?
Niemandem ist aber damit gedient, die Kirchen nun mit Schmutz zu 
bewerfen oder alle Internate schließen zu wollen. Die Taten müssen 
aufgearbeitet werden, mögen sie auch Jahrzehnte zurückliegen und sich
die Staatsanwaltschaften dafür nicht mehr interessieren. Die Kirchen 
und die nichtkonfessionellen Schulträger müssen einsehen, dass durch 
jahrelanges Wegsehen und Vertuschen die Sache noch schlimmer geworden
ist.
Die meisten der Taten sind längst verjährt. In den Köpfen der 
Betroffenen werden sie nie ausgelöscht. Noch nach Jahrzehnten 
berichten sie detailgenau, wie Ordensleute Zehnjährige wegen 
Nichtigkeiten aus den Schulbänken gezerrt haben, auf sie 
eingeschlagen und -getreten haben und anschließend die Misshandelten 
noch an den Pranger der versammelten Schülerschar gestellt haben.
Deutlich wird schon jetzt, dass immer mehr der Bischöfe, die jetzt 
Verantwortung tragen, mit der Praxis der Vergangenheit brechen 
wollen. Nichts soll länger vertuscht werden. Nicht Täter, sondern 
Opfer sind schützenswert. Und die Fälle werden als das benannt, was 
sie tatsächlich sind: Verbrechen. Und die, die sie begangen haben, 
sind demnach keine armen Fehlgeleiteten, sondern Verbrecher. Diese 
bestraft man nicht mit der Versetzung, mit der Androhung von 
Pensionskürzungen, sondern überlässt sie der weltlichen Justiz.
Landesbischöfin Margot Käßmann hatte den Zusammenhang zwischen 
persönlichem Fehler und moralischer Verantwortung erkannt und 
Konsequenzen gezogen. Wenn das zum Maßstab wird, gibt es noch viele 
Rücktritte.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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