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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Kaukasus

Bielefeld (ots)

Es kann kein Zufall sein, dass der seit langem
schwelende Streit zwischen Russland und Georgien ausgerechnet in dem 
Moment zum Krieg auswächst, als in China olympischer Frieden 
ausgerufen wird. Am deutlichsten bekam dies Nicolas Sarkozy in seiner
Eigenschaft als EU-Ratsvorsitzender zu spüren. Auf der Ehrentribüne 
bei der olympischen Eröffnungsfeier in Peking sitzend erreichte ihn 
die Nachricht vom tausendfachen Tod im Kaukasus.
Nicht auszuschließen, dass sich Russland in den kommenden Wochen ganz
Georgien einverleibt. Zwei von bald zehn Schwelbränden wären 
ausgetreten, der Zugriff auf die Pipelines zum Kaspischen Meer wie zu
Sowjetzeiten wieder unter Moskauer Kontrolle. Nebenbei hätte man dem 
Westen endgültig klargemacht, dass Nato-Beitrittsbegehren rund ums 
Riesenreich nicht zugelassen werden.
Lange bevor der Georgier Josef Stalin die russische Geschichte mit 
Blut umschrieb, hatte es schon eine ganze Reihe von Konflikten 
zwischen Kaukasiern, Osseten, Christen, Muslimen, Rot- und Weißrussen
gegeben. Müßig ist es zu fragen, wer je den ersten Stein warf. 
Tatsache ist, dass sich Georgien in jüngster Zeit gerne provozieren 
ließ, den Zugriff auf den abtrünnigen Landesteil wagte und sich jetzt
mehr als ein blutige Nase holt.
Russland ging gestern trotz der einseitig verkündeten Waffenruhe 
weiter vor, schickte seine Kampfbomber erstmals sogar bis über die 
georgische Hauptstadt Tiflis. Moskau unternimmt in diesem von 
Wladimir Putin »Krieg« genannten Konflikt deutlich mehr als zur 
Wiederherstellung des Status Quo nötig wäre. Der versuchte Einmarsch 
der Georgier nach Südossetien wird nicht nur zurückgeschlagen, jetzt 
setzen die Russen ihren Gegnern offenbar auch noch heftig nach.
 Eine Lösung von außen scheint nur schwer erreichbar. Selbst wenn 
Friedensgespräche sofort begännen, die Zeit arbeitet für Russland. 
Der übermächtige Nachbar schafft derzeit Fakten. Gegen die riesige 
Kriegsmaschinerie aus dem Norden hat Georgien keine Chance. Auch 
Abchasien verhängte gestern Kriegsrecht.
Wenn überhaupt jemand geringe Erfolgsaussichten als Vermittler hat, 
dann gehört die deutsche Bundeskanzlerin zu diesem Kreis. Am 
kommenden Freitag spricht sie mit dem russischen Präsidenten in 
Sotschi, noch im Frühjahr vertagte sie gegen den Willen der USA 
Georgiens Wunsch nach einer Nato-Mitgliedschaft.
Ihre distanzierte Haltung gegenüber beiden Seiten macht Merkel 
akzeptabel. Georgiens Präsident Michail Saakaschwili glaubt, das 
melden kundige Beobachter, dass Moskau eher auf Berlin als auf 
Washington hört.
Die Georgier wiederum schätzen an ihr, dass die Deutsche offen 
anspricht, was andere eher diplomatisch verklausulieren. Ihr Umgang 
mit Putin hat in der Vergangenheit viele Staatsführer beeindruckt. 
Dennoch bleibt zweifelhaft, ob sie den kaukasischen Knoten zu 
entwirren weiß. Bloßes Durchschlagen - auf die russische Art - ist 
keine Lösung.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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