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Glückauf
Kommentar von Friedrich Roeingh zum neuen Verteidigungsminister

Mainz (ots)

Einen Besseren hätte Olaf Scholz nicht finden können. Was vor dem Hintergrund der kabarettistischen Pannenserie von Christine Lambrecht wie eine närrische Spitze klingt, ist ernst gemeint. Boris Pistorius ist genau die richtige Neubesetzung für den Bundesverteidigungsminister. Der Niedersachse ist ein äußerst erfahrener Politiker, hinreichend verwaltungserprobt. Er ist auch in die Union hinein gut vernetzt, was für die fällige Neuaufstellung der Bundeswehr unverzichtbar ist. Dass der 62-Jährige nichts mehr werden will, sich ganz seiner größten und zugleich letzten politischen Herausforderung verschreiben kann, ist eine ideale Startvoraussetzung. Und es mag zwar nicht zwingend gewesen sein, dass der Neue selbst einmal beim Bund war. Das ist allerdings für die schnelle Vertrauensbildung in die Truppe hinein mehr als förderlich. Und dass Scholz nun doch Abschied von der Geschlechterparität in seinem Kabinett genommen hat, die ja nicht die SPD, sondern die FDP verfehlt hat? Krisenzeiten verlangen nun mal nach soviel Pragmatismus wie möglich und so wenig Folklore wie nötig. Gleichwohl übernimmt auch Pistorius eine Aufgabe, an der eigentlich auch er nur scheitern kann. Die Bundeswehr ist in einem desolaten Zustand. Sie ist über Jahrzehnte kaputtgespart worden. Da hilft auch der Sonder-Schuldenberg nur bedingt. Weil die Bundeswehr ein bürokratisches Monster ist, dessen Beschaffungswesen man eigentlich in die Luft sprengen müsste. Und weil die in Aussicht gestellten Investitionsmittel peu à peu aufgefressen würden, wenn nicht auch die Haushaltsmittel für die Streitkräfte Jahr für Jahr deutlich angehoben werden. Das gilt als allererstes für die Munitionsmängel - Kriegstribut statt Friedensdividende. Pistorius muss um sich herum einen Stab aufbauen, dessen Flexibilität und Teamspirit sich am besten an der ukrainischen Armeeführung misst - wenn das Verteidigungsministerium nicht vor allem für seine internen Fehden zwischen den Waffengattungen und den Leitungsebenen bekannt wäre. Zugleich muss Pistorius einen Kaltstart hinlegen. Bei der Frage, wie die Nato die Ukraine mit Kampfpanzern gegen eine russische Frühjahrsoffensive versorgen kann, läuft er den Briten, den Balten und den Polen bereits hinterher. Und bei der Münchener Sicherheitskonferenz muss der Neue in nur einem Monat strategische Linien für Deutschlands künftige Rolle bei der europäischen Landesverteidigung zeichnen können. Das alles geht nicht ohne engste Abstimmung mit dem Kanzleramt. Zugleich muss sich Boris Pistorius nicht nur aus hygienischen Gründen vom Kanzleramt emanzipieren. Man kann dem Mann nur Glückauf zurufen.

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