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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Reform bei den Jobcentern Bürokratiemonster Sigrun Müller-Gerbes

Bielefeld (ots)

In der Arbeitsverwaltung wuchert die Bürokratie. Darüber sind sich die Experten seit Jahren einig. Folgerichtig hat sich Arbeitsministerin Andrea Nahles eine Reform vorgenommen - vorgelegt aber hat sie ein Reförmchen. Wie notwendig der Abbau von Bürokratie wäre, belegen ein paar Beispiele eindrucksvoll: Einer Wurstverkäuferin, "Aufstockerin", war das Geld gekürzt worden. Begründung: Die Pausenverpflegung, die der Arbeitgeber stellte, müsse abgezogen werden, auch wenn die Frau das Essen gar nicht aß. Das Jobcenter unterlag vorm Sozialgericht. Genauso wie im Fall einer Alleinerziehenden, die sogar bis vors Bundessozialgericht ziehen musste, weil die Behörden nicht einsehen wollten, dass ihr Sohn mit dreieinhalb Jahren nicht mehr ins Gitterbettchen passte. Ein anderes Jobcenter bemüht zurzeit ebenfalls das höchste deutsche Sozialgericht. Es will eine Nachzahlung von 10 Cent nicht leisten, zu der es in zwei Vorinstanzen verurteilt worden war. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen: Tausendfach holen sich jedes Jahr Betroffene richterliche Hilfe gegen Sanktionen der Jobcenter. Dass das so ist, liegt sicher nicht an der Prozesshanseligkeit der Beschäftigten in den Jobcentern, sondern schlicht an der Tatsache, dass die einschlägigen Gesetze jedes noch so kleine Detail regeln und über jeden Kleinstzuschuss individuell entschieden wird. Folge: 23.000 Mitarbeiter sind bundesweit mit der "Leistungsgewährung" beschäftigt, statt sich um ihre eigentlich wichtigste Aufgabe zu kümmern: Menschen in Arbeit zu bringen. Die Hoffnung, dass die Arbeitsministerin das Bürokratiemonster tatsächlich wirksam zähmen würde, hat sich aber mit dem Gesetzentwurf zerschlagen, der gerade das Kabinett passiert hat. Sicher, ein bisschen weniger lästig mag es sein, wenn Bescheide nur noch alle zwölf statt alle sechs Monate erstellt werden müssen. Sonst aber, so räumt Nahles selbst ein, sind viele Vereinfachungen im großkoalitionären Hickhack zerrieben worden. Die Extrasanktionen gegen arbeitslose Jugendliche, die einen Termin beim Amt versäumen, sollten ursprünglich abgeschafft werden - die CSU hat sich quergestellt. Einige der bürokratischen Vereinfachungen, etwa die Pauschalierung der Wohnkosten, werden außerdem wohl zu Lasten der Arbeitslosen gehen. Die Folge: Der Paritätische Wohlfahrtsverband prognostiziert eine neue Flut von Klagen.

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