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Trump steht nicht über dem Gesetz
Der US-Präsident muss sich nach dem Steuer-Urteil des Supreme Courts als Verlierer sehen. Leitartikel von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Das oberste Gericht der USA hat Donald Trumps Allmacht-Fantasien eine Abfuhr erteilt. Auch dieser Präsident kann nicht über die Fifth Avenue laufen und jemand erschießen, ohne dafür im Amt zur Rechenschaft gezogen zu werden. Nicht weniger als das haben seine Anwälte behauptet, die sich bei der Anhörung vor dem obersten Gericht auf eine "vorübergehende Immunität" des Präsidenten berufen hatten. Im konkreten Fall ging es um die Weigerung Trumps, bestimmte Finanzunterlagen an den Kongress und ein Gericht in Manhattan zu übergeben. Überraschend deutlich stellte der Supreme Court mit sieben zu zwei Stimmen klar, dass der US-Präsident nicht über dem Gesetz steht oder andere Regeln für ihn gelten. Jede andere Entscheidung bei dem Urteil wäre ein schwerer Angriff auf die Gewaltenteilung und die Rechtsstaatlichkeit der Vereinigten Staaten gewesen. Das sahen selbst die beiden Verfassungsrichter Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh so, die Trump für das oberste Gericht nominiert hatte. Die USA sind keine Autokratie, sondern eine Demokratie und wollen es bleiben. Chefrichter John Roberts schrieb für die Mehrheit, bereits vor 200 Jahren sei durch den Supreme Court festgestellt worden, "dass kein Bürger, nicht einmal der Präsident, kategorisch über der allgemeinen Pflicht steht, Beweise vorzulegen, wenn sie bei kriminellen Ermittlungen eingefordert werden". Der Supreme Court bekräftigte in seiner Entscheidung ausdrücklich diesen Grundsatz. Er wies beide Fälle an die nachgeordneten Gerichte zurück. In der Praxis bedeutet dies, dass die Öffentlichkeit vor den Wahlen im November Trumps Steuererklärungen und Finanzunterlagen vermutlich nicht zu sehen bekommt. Gewiss wird der Präsident nichts unversucht lassen, die Uhr bis zum Wahltag ablaufen zu lassen. Verlassen kann er sich darauf aber nicht. Darauf weist Verfassungsrechtler Neal Katyal hin, der die Entscheidung des Supreme Court als "eine ernsthafte Niederlage" wertet. Mindestens der Gerichtsfall in Manhattan könne beschleunigt und vor den Wahlen entschieden werden. Der für sein forsches Vorgehen gefürchtete Chefankläger Cyrus Vance kündigte bereits an, die Ermittlungen zu den Schweigegeld-Zahlungen an zwei Frauen unter Hochdruck fortzusetzen, die mutmaßlich Affären mit Trump hatten. Er verlangt von Trumps Steuerberatungs-Kanzlei Mazars USA die Herausgabe der Steuererklärungen der vergangenen acht Jahre. Im Fall des US-Kongresses könnte es etwas länger dauern, zu klären, welche Unterlagen der Präsident im Einzelnen herausrücken muss. Aber auch Speakerin Nancy Pelosi wird auf die Tube drücken, vor den Gerichten zu Ergebnissen zu kommen. Wie Vance vor Gericht in Manhattan will sie im Kongress die Ermittlungen mit Nachdruck fortzusetzen. Dass Trump versuchen darf, vor Gericht noch einmal über die Modalitäten zu verhandeln, ist nicht viel mehr als die Einräumung einer Galgenfrist. Daraus einen Sieg für den Präsidenten ableiten zu wollen, trifft nicht einmal wahl-politisch zu. Im Gegenteil. Das Gerangel vor den Gerichten um die Details der Übergabe garantiert, dass Trumps fragwürdige Kredite bei der Deutschen Bank, seine mutmaßlichen Beziehungen zu russischen Oligarchen und seine Schweigegeld-Zahlungen an den Pornostar Stormy Daniels bis zu den Wahlen in den Schlagzeilen bleiben. Kein Wunder, dass sich Trump als Verlierer sieht. Er ist einer. Mit einem lauten Knall zerplatzte vor dem Supreme Court sein Traum einer imperialen Präsidentschaft.

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