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Mittelbayerische Zeitung: Raketen auf ein Pulverfass
Israels Angriffe auf Waffenlager in Syrien sind auch ein Signal dafür, dass man sich mit einem vom Iran dominierten Nachbarstaat nicht abfinden wird.

Regensburg (ots)

Fast war der verworrene Syrien-Konflikt vom Radar einer größeren öffentlichen Aufmerksamkeit verschwunden, da brachten ihn politische Paukenschläge wieder in die Schlagzeilen. US-Präsident Donald Trump verfügte per Twitter den Abzug der in der Krisenregion agierenden Truppen seines Landes und erklärte kurzerhand die Terroristen des "Islamischen Staates" (IS) für besiegt. Beides rief jedoch den Widerspruch der Nato-Verbündeten der Anti-IS-Koalition hervor. Syrien bleibt ein brisantes Pulverfass. In Berlin, London, Paris oder Brüssel macht man sich nun nicht nur große Sorgen, dass in der Folge des verheerenden Trump-Tweets Verteidigungsminister James Mattis - eine der wenigen Stimmen der Vernunft in der US-Regierung - seinen Hut nimmt, sondern auch deshalb, weil ein Rückzug der US-Truppen ein gefährliches militärisches Vakuum in Syrien hinterlassen dürfte. Für den syrischen Norden, einem Rückzugs- und Siedlungsgebiet vieler Kurden, hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bereits eine Militäroffensive angekündigt. Er will die Kurden, die maßgeblich und unter großen Opfern zur Niederschlagung des IS-Terrors beigetragen haben, militärisch besiegen. Lediglich eine Schamfrist hat Erdogan Trump zugesichert, dann werden türkische Truppen losschlagen. Vor dieser verzwickten und unübersichtlichen Lage sind sicher auch die erneuten israelischen Raketenangriffe auf Waffenlager der schiitischen Hisbollah sowie iranischer Revolutionsgarden in Syrien zu sehen. Sie sind auch ein Signal dafür, dass sich Israel niemals mit einem Nachbarstaat abfinden würde, der maßgeblich vom Erzfeind Iran dominiert würde. Mit vorgezogenen Neuwahlen in Israel im April versucht Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zudem, die schwere Regierungskrise zu beheben, in die seine Ultra-Rechts-Koalition nach einem fehlgeschlagenen Einsatz israelischer Spezialeinheiten im Gazastreifen geraten war. Dass sich Netanjahu zu einem Waffenstillstand mit der im Gazagebiet herrschenden Hamas bereiterklärte, bescherte ihm den Zorn und den Rücktritt von Verteidigungsminister Avigdor Liebermann. Der aus Moldawien stammende Chef der Partei der russischen Einwanderer lehnt jedwede Kompromisse mit den Palästinensern ab. Regierungschef Netanjahu tut nun allerdings genau das, was in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Israel fast immer zu Wahlerfolgen führte: Er schlägt mit harter Hand auf die umgebende arabische Welt ein. Seien es nun die vom iranischen Mullah-Regime mit Geld und Waffen unterstützten Hisbollah-Milizen im Libanon oder wie jetzt in Syrien. Obendrein hat sich der israelische Regierungschef, der inzwischen den vakanten Posten des Verteidigungsministers gleich mit übernommen hat, auch noch Korruptionsvorwürfen zu erwehren. Mit Angriffen auf Syrien könnte "Bibi" Netanjahu versuchen, Befreiungsschläge gleich in mehrfacher Hinsicht zu landen: Gegen die erklärten Feinde Israels im Norden in Syrien sowie dem Libanon einerseits sowie gegen die innenpolitischen Gegner im Lande selbst andererseits. Für Deutschland und die verbleibenden Nato-Verbündeten, die sich im Anti-IS-Kampf im Irak und Syrien engagieren, sind weder der Truppenabzug der USA noch israelische Angriffe auf Syrien hilfreich. Es könnte zu einem offenen militärischen Konflikt Israels mit den Verbündeten des syrischen Machthabers Baschar al-Assad, nämlich Russland und dem Iran, kommen. Die Chancen für eine diplomatische Lösung des verheerenden Syrien-Konflikts würden noch geringer. Aber auch die Sicherheit Israels würde nicht erhöht. Und so lange die Lage in Syrien so dramatisch, so verworren ist, können auch Flüchtlinge, die in Deutschland Aufnahme fanden, nicht in ihre Heimat zurückkehren.

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