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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel "Freier Eintritt nur für uns" von Bernhard Fleischmann

Regensburg (ots)

Die grenzenlose Freiheit lockt: Nachdem bereits das zu Ende gehende Jahr der Tourismus-Branche viel Sonne und Wärme in Form von zehn Prozent Umsatzplus gespendet hat, wollen die Deutschen 2019 noch einmal mehr Geld für Urlaubsreisen ausgeben. Fern der Heimat ist es besonders schön - Griechenland, die Türkei, Ägypten und Tunesien sind besonders stark gefragt. Die Welt steht uns offen, das setzen wir wie selbstverständlich voraus. Und grundsätzlich ist es ja wunderbar, die Erde nahezu rund um den Globus betreten zu können. Nur verstehen immer mehr Menschen in den reicheren Ländern diese Freiheit als Einbahnstraße: Die Türen mögen sich doch bitteschön nur in eine Richtung öffnen. Wenn andere Menschen zu uns kommen wollen, ist es mit dem Hurra sogleich vorbei. Spätestens, sobald jemand dauerhaft bei uns zu leben trachtet, möge doch ein standfester und undurchlässiger Zaun hochgehen - siehe die Diskussionen erst um den Migrationspakt und nun um den Flüchtlingspakt. Nun besteht selbstredend ein großer Unterschied darin, ob jemand nach zwei oder vier Wochen Urlaubsfreuden wieder nach Hause zurückkehrt, oder ob ein Mensch aus fernen Ländern ständigen Aufenthalt begehrt. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten. Denn nicht nur Migration oder Flucht verändert das Zielland, sondern auch Reisen. Das trifft häufig zunächst im guten Sinne auf den Reisenden selbst zu, der neue Perspektiven jenseits seines angestammten Horizonts erfährt. Aber auch das Reiseziel, an dem jeder - auch nur temporär bleibende - Ankömmling Spuren hinterlässt, wandelt sich. Diese Spuren können mehr Wohlstand erzeugen, aber auch die gesellschaftlichen Strukturen vor Ort umwälzen und die Umwelt schwer schädigen. Wer sich ein bisschen Gedanken über den Tourismus macht, weiß das und versucht im besten Falle, die unerwünschten Auswirkungen seiner Bewegungen rund um die Welt möglichst gering zu halten. Gänzlich verhindern kann sie das Reisevolk indes nicht. Allmählich ist diese Welt nicht mehr genug. Wo wir auch hinkommen, grassieren Überbevölkerung, Umweltverschmutzung und Vermüllung. Die Paradiese dieser Welt sterben aus. Das liegt auch am Tourismus, aber noch mehr an dem Bevölkerungswachstum und dem miserablen Umweltbewusstsein in weiten Teilen des Planeten. Der Tourismus trägt genauso wie die übrige Wirtschaft die guten wie die schlechten Effekte der Globalisierung in alle Winkel der Welt. Nun grasen wir noch die letzten vermeintlich unberührten Flecken für ein imposantes Foto ab, um die Instagram-Timeline zu zieren. Einheimische Menschen, die ihrem Leben nachgehen wollen, stören da, sobald ihre Rolle über die des exotischen Fotomotivs hinausragt - frei nach dem Kabarettisten Gerhard Polt, der sinngemäß in einem Film gesagt hat: Italien wäre schon ganz schön, wenn da nicht die ganzen Italiener wären. Was für eine Grundhaltung: Unsere Heimat gehört alleine uns, die übrige Welt möge für uns verfügbar sein. Der Rest der Menschheit soll doch bitte bleiben, wo er ist. Das ist ein kolonialistischer Ansatz, der längst auf dem Müllhaufen der Geschichte liegen sollte. Solches Denken riecht übel nach Herrenmentalität. Das hört man gerade in Deutschland nicht mehr gerne, lässt sich aber schlecht weglügen. Die Freiheit der Bewegung in nur eine Richtung kann nicht funktionieren. Wer anderswo offen und freundlich empfangen werden will, sollte das umgekehrt genauso halten. Es geht um diese Grundhaltung. Sie beinhaltet nicht, dass etwa Deutschland Tür und Tor öffnen muss für jeden Bleibewilligen. Wir brauchen klarere Regeln, welche Migranten wir aufnehmen wollen. Dann sollte es uns umso leichter fallen, diese gastfreundlich willkommen zu heißen.

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