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Mittelbayerische Zeitung: Trumps Saat der Gewalt geht auf
Der amerikanische Präsident schafft es nicht, sich glaubwürdig von dem Terror gegen seine politischen Gegner zu distanzieren.

Regensburg (ots)

Viele Fragen hinter der beispiellosen Serie an versuchten Briefbomben-Anschlägen bleiben unbeantwortet. Was waren die Motive des oder der Täter? Sollten die verschickten Sprengsätze bloß Schrecken verbreiten oder ihre Empfänger töten? Und wer heckte den Terror aus? Trotz fieberhafter Ermittlungen wird es wohl noch eine Weile dauern, bis es belastbare Antworten gibt. Klar hingegen ist, gegen wen sich die versuchten Anschläge richteten: Prominente Kritiker des US-Präsidenten, die dieser regelmäßig verunglimpft. Noch zwei Jahre nach den Wahlen kriminalisiert Trump seine damalige Gegnerin als "Crooked Hillary". Er denunziert die schwarze Abgeordnete Maxine Waters als "Individuum mit geringem IQ" oder verteufelt Kommentatoren in den Medien als "Volksfeinde". Kürzlich erst nannte er den zu einem halben Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilten Abgeordneten Gianforte, der einen unliebsamen Reporter verprügelte, einen Kerl nach seinem Geschmack. Und routiniert bezeichnet der Präsident demokratische Kritiker als "Mob". Trump trägt damit einen guten Teil der Verantwortung für das vergiftete Klima in den USA, das den Boden für den Terror bereitet hat. Während seiner Zeit im Weißen Haus tat der Präsident sein Bestes, die ohnehin schon hochpolarisierte Gesellschaft weiter zu spalten. So gesehen war es nur eine Frage der Zeit, wann aus Worten Taten werden. An diesem Mittwoch war es so weit, als bei den Clintons und Obamas und mindestes sieben weiteren hochkarätigen Führern des liberalen Amerika Briefbomben in der Post lagen. Nicht einmal an dem Tag des Terrors selbst schaffte es der Präsident, die Form zu wahren. Er sprach weder konkret über die Opfer noch reflektierte er über seine eigene Rolle. Ganz Narzist porträtierte er sich selber als Opfer und schob den Medien die Schuld für die gesellschaftliche Polarisierung in die Schuhe. Auch seine Anhänger tun so, als sei nichts geschehen. Bei der Nennung des Namens Clinton skandierten sie in Wisconsin munter "Sperrt sie ein". Und der Prediger des Trumpismus im Talkradio, Rush Limbaugh, verbreitet ungeniert Verschwörungstheorien. Die Demokraten selbst hätten die Bomben verschickt, um den Republikanern bei den anstehenden Zwischenwahlen zum Kongress zu schaden. Viel tiefer geht es nicht mehr. Genau das ist das Problem im Amerika Donald Trumps. Tag für Tag geht mehr an Zivilisiertheit in der Auseinandersetzung verloren. Der politische Gegner ist nicht mehr bloß ein Mitbürger, der eine andere Meinung hat, sondern ein Feind, der besiegt werden muss. Trump folgt damit den Rezepten aus dem "Handbuch für Autokraten", deren wichtigste Zutat zur Sicherung der Macht die Vertiefung gesellschaftlicher Gräben ist. Nichts weniger als das lässt sich in der Amtszeit dieses Präsidenten in Echtzeit verfolgen. Er zeigt keine Sympathie für die potenziellen Opfer des Terrors, weil er keine hat. So ähnlich wird die Stimmung in den Tagen vor dem amerikanischen Bürgerkrieg beschrieben. Oder Ende der 1960er Jahre, als Martin Luther King und Bobby Kennedy ermordet wurden, während die "schweigende Mehrheit" Richard Nixon ins Weiße Haus wählte. Es besteht die reale Gefahr, dass es beim nächsten Mal nicht beim Schrecken bleibt. Angesichts der Rhetorik Trumps und seiner Nachahmer ist es nur eine Frage der Zeit, wann es den ersten Toten zu beklagen gilt.

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