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Mittelbayerische Zeitung: "Alternative Herausforderung"
Ein Kommentar der Mittelbayerischen Zeitung zur AfD

Regensburg (ots)

Vorhang zu und viele Fragen offen. Die AfD hat auf ihrem Parteitag in Hannover zum Teil anderes Führungspersonal gewählt und sich kräftig an den "Altparteien" abgearbeitet, was gewissermaßen ein Lebenselixier für sie ist. Dennoch bleibt unklar, wohin genau das national-konservative Duo Meuthen-Gauland die AfD führen will. Die AfD ist und bleibt eine Herausforderung. Für andere Parteien, für die Gesellschaft, aber auch für die AfD selbst. Zwar wurden die inneren Konflikte der Alternativen in Hannover nicht mehr derart offen und ungestüm ausgetragen, wie das auf vorangegangenen Kongressen der Fall war. Doch die Risse, die politischen Widersprüche bleiben erkennbar. Der - nicht ganz freiwillige - Abgang der einstigen Galionsfigur Frauke Petry hat die Auseinandersetzungen in der AfD nicht beendet, sondern ihnen lediglich etwas Schärfe genommen. Die Ex-Vorsitzende, die vor über zwei Jahren den Parteigründer Bernd Lucke ausbootete, kam ihrem Absturz in der AfD zuvor. Sie warf einen Tag nach der Bundestagswahl, bei der sie in Sachsen ein Direktmandat erreicht hatte, ihr Parteiamt hin. Ihr Einfluss war ohnehin extrem gesunken. Mit der Wiederwahl von Jörg Meuthen und der Wahl von Alexander Gauland zu Vorsitzenden, die beide für einen harten, unversöhnlichen Oppositionskurs gegen die "Etablierten" stehen, schiebt sich die AfD nun noch weiter nach rechts. Pragmatische Kräfte, wie der Ex-Bundeswehroffizier Georg Pazderski, der mit einem Bündnis mit Union und Liberalen liebäugelt, hatten dagegen keine Chance. Was aus dieser Konstellation für die praktisch-politische Arbeit in den Landesparlamenten sowie im Bundestag folgt, bleibt ungewiss. Es ist möglich, dass die AfD nun noch fundamentaler, noch völkischer attackiert und argumentiert, als sie es bislang bereits tut. Es dürfte rauer, zerstörerischer zugehen im Bundestag und in den Ländern. Aber nicht konstruktiver, nicht lösungsorientierter. Die AfD versteht sich als Stachel im Fleisch des demokratischen Systems, als oberste Protestpartei. Mehr will und kann sie offenbar auch nicht sein. Den Praxistest auf ihre markigen politischen Forderungen - vom Austritt aus der EU, der Rückkehr zur D-Mark oder Null-Zuwanderung - muss sie nicht antreten. Zum Glück. Die AfD stellt sich damit in eine Reihe mit dem französischen Front National von Marine Le Pen, mit der "Freiheitspartei" von Geert Wilders in den Niederlanden, mit der italienischen Lega Nord von Umberto Bossi in Italien sowie mit anderen europakritischen, national-konservativen Parteien und Strömungen, die in allen EU-Ländern mehr oder weniger großen Zulauf verzeichnen. Ihr gemeinsames Motto lautet: zurück in die Zukunft. Doch so verständlich in bewegten Zeiten der Wunsch nach dem guten alten Nationalstaat, nationaler Währung und der Abschottung der Gesellschaft für viele Menschen sein mag, die Herausforderungen der Zukunft sind damit so wenig zu lösen, wie man Wasser aus einem lecken Kahn nicht mit einem Sieb schöpfen kann. Dabei ist das Scheitern einer Jamaika-Koalition und das Gezerre um eine erneute Groko natürlich Wasser auf die Mühlen der AfD. Die können es nicht, reibt man sich die Hände. Dass zum gemeinsamen Regieren die Fähigkeit gehört, Kompromisse auszuhandeln und Vertrauen aufzubauen, ficht die Gaulands, Meuthens, Höckes und Co. nicht an. Womöglich fällt unter der neuen AfD-Führung auch das Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke unter den Tisch, der das Holocaust-Mahnmal in Berlin als Denkmal der Schande bezeichnet hatte. Es würde zur Politik des neuen Führungsduos passen, dass man Provokateure von Rechtsaußen an der langen Leine laufen lässt.

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