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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Heinz Gläser zu Fifa/DFB

Regensburg (ots)

Doch, doch! Ein nächtlicher Abstecher per Fernbedienung zu den einschlägigen Spartenkanälen lohnt. Egal, ob den TV-Konsumenten chronische Schlaflosigkeit oder das rasende Interesse am Fußballsport im Allgemeinen an den Fernsehsessel fesselt, er wird zu später Stunde mit einem in den Stadien hierzulande gänzlich unbekannten Anblick konfrontiert: Er sieht auf seinem Bildschirm leere Sitzschalen und verwaiste Stehplatztribünen. Die wöchentliche Spritztour von Eurosport & Co. durch die vermeintlichen "Topligen" des Kontinents offenbart, dass deren Attraktivität oftmals gelitten hat. Deutschlands oberste Spielklasse mag ja noch ein Hingucker sein, Italiens Serie A ist es nur mehr bedingt. Von solchen Krisensymptomen mal abgesehen: Fußball schien fürwahr ein Spiel ohne (ökonomische) Grenzen zu sein. Die wahnwitzigen Summen, die in der vergangenen Transferperiode aufgerufen und bezahlt wurden, sind noch allzu gut in Erinnerung. Derzeit jedoch loten Funktionäre aller Ebenen und jedweder Couleur mit einem - ihrer Arbeit ansonsten eher fremden - Eifer vor allem die Grenzen der Leidensfähigkeit des gemeinen Fans aus. Sie trampeln auf ihrem Premiumprodukt herum. Sie tun dies - Fußballgott behüte! - nicht aus eigenem Antrieb. Wie stets im Sport, der so gern auf seine geheiligte Autonomie pocht, müssen staatliche Stellen und Instanzen den Willen zur Aufklärung anschieben. Was dabei peu à peu ans Licht kommt, wirft riesige Schatten auf die Verweser dieser Form der Leibesertüchtigung, seien sie in der Schweiz (Fifa, Uefa) oder in Frankfurt am Main (DFB) ansässig. Dass der Ethikkommission des Weltverbandes nun eine Selbstverständlichkeit gestattet wird - nämlich die bestürzte Öffentlichkeit über ihre Erkenntnisse zu informieren -, löst das nächste Beben aus. Kassensturz im Selbstbedienungsladen: Hier und da fehlen ein paar Millionen. Beziehungsweise keiner weiß mehr so genau, woher diese stammten. Beziehungsweise keiner weiß, wofür sie bezahlt wurden. Immer neue Abgründe tun sich auf. Abgründe, in denen allem Anschein nach Unsummen verschwanden. Was zudem noch fehlt, ist das Unrechtsbewusstsein bei den Beteiligten. Wo sollte es auch herkommen? Wir reden von einer Branche, in der Gefälligkeiten und Vergünstigungen zum Geschäftsmodell gehören. Wir reden von blutjungen Menschen, deren Anwesenheit in einem Restaurant diese Lokalität so sehr adelt, dass es ein Affront wäre, ihnen eine Rechnung zu stellen. Wir reden von Stars, die es gewohnt sind, mit nichts als bloßer Präsenz enorm viel Geld einzustreichen. Wir reden von Zuwendungen aller Art, von Autos, Uhren usw. Uefa-Chef Michel Platini beispielsweise hat ja nicht nur zu erläutern, warum sein opulentes Beraterhonorar jahrelang nicht in den Fifa-Büchern aufschien. Interessant wäre vielmehr auch zu wissen, welcher Art die Expertise für den Ex-Busenfreund Sepp Blatter war, dass sie mit zwei Millionen Franken so fürstlich honoriert werden musste. Und auf diesem Boden soll ein Mentalitätswandel gedeihen? Schwer vorstellbar. Genauso schwer vorstellbar übrigens wie der Gedanke, ausgerechnet und ausnahmsweise bei der Vergabe des Sommermärchens 2006 sei alles mit rechten Dingen zugegangen. TV-Legende Waldemar Hartmann hat in diesem Zusammenhang eine treffende Frage formuliert: "Haben denn wirklich die Deutschen geglaubt, dass wir diese WM bekommen haben, weil wir so ganz besonders beliebt sind auf dieser Welt, weil wir so tolle Hechte sind, weil wir so gut ausschauen, weil uns alle lieben zum Niederknutschen?" Wohl kaum...

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