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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zum G7-Gipfel

Regensburg (ots)

Bayern, wie man es von Postkarten kennt: Blasmusik, Gebirgsschützen in schmucker Uniform, überqellender Blumenschmuck auf den Balkonen, Weisswurst und Weissbier. Die Bilder, die Angela Merkel und ihr G7-Gast Barack Obama gestern in Krün produzierten, taugen für die Abteilung: Wie schön ist unsere Welt. Doch die Welt ist nicht nur weiß-blaue Bergidylle. Unser Globus mit mehr als sieben Milliarden Menschen, zig Problemen, blutigen Konflikten, dem ungelösten Klimaproblem und und und braucht nicht nur wunderschöne oberbayerische Postkartenbilder mit prostenden Staats-und Regierungschefs, sondern vor allem Anschübe, um diese globalen Herausforderungen auch wirklich anzugehen. Doch dazu ist der Rahmen solcher Treffen von sieben selbst ernannten Weltenlenkern viel zu klein. Auch die nachhaltige Wirkung vorangegangener Treffen geht leider gegen Null. Dabei ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, dass sich diese Spitzenpolitiker treffen und miteinander reden. Direkte Gespräche, noch dazu in zwangloser Atmosphäre, sind allemal besser als übereinander zu reden, als Missverständnisse, erst Recht als Handels-, Finanz- oder gar heiße Kriege zu führen. Nur hätte man dann auch China, Indien oder Brasilien einladen müssen. Auch dem "Krim-Krieger" Wladimir Putin, vor acht Jahren beim G8-Treffen in Heiligendamm noch ganz selbstverständlich im überdimensionalen Strandkorb an der Seite der Kanzlerin und des US-Präsidenten dabei, müsste von Schloss Elmau aus zumindest die Perspektive für eine Rückkehr in die erlauchte Runde bekommen. Was freilich nichts daran ändern würde, dass wie Welt die russische Krim-Besetzung und das Zündeln in der Ost-Ukraine grundsätzlich und als völkerrechtswidrig ablehnt. Aber reden muss man mit dem Macho im Kreml schon, der einst in den Augen vieler Staatschefs immerhin als demokratischer Hoffnungsträger galt. Das vor 40 Jahren von Kanzler Helmut Schmidt und dem französischen Präsidenten Valery Giscard d'`Estaing nach Währungsturbulenzen ins Leben gerufene Gesprächs-Format auf höchster Ebene stößt in der heutigen Zeit offenbar an Grenzen. Die Welt hat nach dem Ende des Kalten Krieges, im Grunde einer Ordnung des Schreckens, noch keine neue, halbwegs funktionierende Ordnung gefunden. Manche klagen, sagt der deutsche Außenminister, dass die Welt "aus den Fugen geraten" sei. Das ist richtig. Und die einstige Weltmacht USA, immer noch die stärkste Militärmacht, hat global an Einfluss verloren. Militärische Konflikt-Lösungsversuche, siehe Irak oder Afghanistan, haben eher das Gegenteil bewirkt und viele Opfer gekostet, statt zu befrieden. Die Welt ist vertrackter und komplizierter als noch zu den - vergleichsweise überschaubaren - Zeiten der Blockkonfrontation zwischen Ost und West. Doch verantwortliche Politik darf sich mit diesem dramatischen Befund nicht abfinden. Nicht nur die globalen Probleme sind größer geworden, sondern auch die technischen, ökonomischen und finanziellen Möglichkeiten, sie zu lösen. Was fehlt, ist der gemeinsame politische Wille, was fehlt sind globale Lösungen im Rahmen der Vereinten Nationen. Elmau hätte dann wirklich etwas gebracht, wenn man sich darauf verständigte, die weitgehend einflusslose Uno zu reformieren und zu stärken. Der Schutz des Weltklimas, der Kampf gegen Armut, Krankheiten und Unterdrückung pochen unerbittlich an die Tür. Allein mit schönen Bildern aus Oberbayern und unverbindlichen G7-Erklärungen ist diesen Herausforderungen nicht beizukommen. Dann könnte man sich den ganzen Aufwand auch gleich ersparen.

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