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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu Italien/Berlusconi

Regensburg (ots)

von Julius Müller-Meiningen, MZ

Es gibt keinen Zweifel: Ministerpräsident Enrico Letta geht gestärkt aus den gewonnenen Vertrauensabstimmungen im italienischen Parlament hervor. Die italienischen Sozialdemokraten feiern das ausgezeichnete Ergebnis als großen Sieg. Nicht persönliche Interessen, sondern das Wohl Italiens und vor allem institutionelle und damit wirtschaftliche Stabilität hätten bei den Motiven für die Abstimmung überwogen, heißt es. Neben Enrico Letta hat Italien nun einen weiteren Garanten für stabile Verhältnisse, Verantwortungsbewusstsein, Sinn für das Gemeinwesen. Innenminister Angelino Alfano - zugleich Sekretär der Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" - ist der Mann der Stunde. Endlich ist es ihm gelungen, aus dem Schatten seines politischen Ziehvaters Silvio Berlusconi zu treten. In einem taktischen Meisterstück, das dem bislang oft wie eine Marionette wirkenden Alfano nun zu deutlichem Ansehen in der eigenen Partei verhelfen dürfte, hat er Berlusconi an den Rand gedrängt. Der vierfache Ex-Premier musste angesichts der von Alfano geführten Überläufer einlenken - und ließ ebenfalls für Letta stimmen. Friede, Freude, Eierkuchen. So lautet die oberflächliche Auslegung der tragischen Komödie, die sich am Mittwoch in Rom zugetragen hat. Die Jubelarien, die jetzt in Italien und auch in der EU angesichts eines politisch marginalisierten Berlusconi erklingen, kommen zu früh. Es stimmt, der tapfere und integere Enrico Letta kann weitermachen. Zum Wohl Italiens und Europas. Aber nur, wenn seine Mehrheit sich auch in Zukunft dem Ministerpräsidenten nicht in den Weg legt, sondern kooperativ an Reformen mitarbeitet. In diesem Zusammenhang muss der letzte Schachzug Silvio Berlusconis, sein plötzliches Umschwenken auf den Regierungskurs, nachdenklich machen. Aus reinem Machtkalkül hat sich der 77-Jährige für die Fortdauer der Regierung Letta ausgesprochen und sich dabei vor den Augen der internationalen Öffentlichkeit lächerlich gemacht. Der Preis, den Berlusconi zahlte, ist hoch. Als Unternehmer vermeidet der Medienmogul Minusgeschäfte. Das gilt auch politisch. Sein jüngstes, in Sachen Glaubwürdigkeit für ihn extrem teures Manöver bringt ihn wieder ins Spiel. Dem Ex-Premier, der Italiens Politik wegen seines drohenden Ausschlusses aus dem Senat seit Monaten im Schwitzkasten hält, sind im Handstreich zwei Manöver gelungen, die das Fortkommen der Regierung stark behindern können. Zum Einen hat er unter dem Schutz einer scheinbaren Einigkeit mehr Zeit gewonnen, um die weitere Auflösung seiner Partei "Volk der Freiheit" zu verhindern. Gespräche sind bereits im Gang. In Verhandlungen mit Überläufern zeigte Berlusconi schon früher großes Geschick. In Neapel wird gegen ihn ermittelt, weil er 2008 mehrere Senatoren mit Millionensummen bestochen haben soll. Zum Zweiten hat sich Berlusconi mit seinem leicht als falsch zu entlarvenden Vertrauensbekenntnis zu Letta dem Ministerpräsidenten wie ein Klotz ans Bein gebunden. Noch steht die Regierung in ihrer ursprünglichen Form. Der endgültige Bruch ist aufgeschoben. Berlusconi wird alles tun, um sich als Staatsmann zu inszenieren, dem an Stabilität gelegen ist - und hinten herum versuchen, seine Machtspiele voranzutreiben. Ein Teil der Wähler wird weiter auf ihn hereinfallen. Unterdessen fördert seine Präsenz Unmut bei den Sozialdemokraten, die sich zu früh über seinen Abgang gefreut haben. Sie, aber auch Alfano stehen vor einer erneuten Geduldsprobe, die angesichts der Skrupellosigkeit Berlusconis schwieriger werden könnte als gedacht.

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