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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Energieversorgung: Eule und Nachtigall bei der Energiewende von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Der boomende Ökostrom treibt alte Kohle- und Gaskraftwerke in die roten Zahlen. Aber das war so gewollt.

Was dem einen sin Uhl (Eule), ist dem andern sin Nachtigall, weiß ein niederdeutsches Sprichwort. Auch bei der Energiewende hierzulande ist für die einen erfreulich, was andere furchtbar ärgerlich macht. Weil die Stromproduktion aus Sonnen- und Windkraft kräftig anzieht, was die Anleger in dieser Energiebranche frohlocken lässt, geraten zahlreiche konventionelle Kraftwerke in Schieflage. Schlicht gesprochen: Der Boom bei den Erneuerbaren macht Kohle-, Öl- und Gaskraftanlagen das Geldverdienen schwer oder sogar unmöglich. Auch für die auslaufende Atomkraftwerks-Flotte werden die Gewinnmargen mickriger. Seit Monaten schon schlagen deshalb große Stromerzeuger Alarm, vor allem jene mit Kraftwerken im Süden Deutschlands. Die Konzerne Eon, RWE oder EnBW beantragen bei der Bundesnetzagentur die Genehmigung zur Stilllegung oder zumindest zur zeitweisen Außerbetriebnahme von unprofitablen konventionellen Kraftwerken. Damit wollen die jahrzehntelang gehätschelten Energieunternehmen zuerst einmal Druck aufbauen, damit die Politik gegensteuert. Flott werden dabei auch Horrorszenarien von drohenden Versorgungslücken und Blackouts entworfen, die die wirkliche Gefahr überzeichnen. Aber klappern gehört seit jeher zum Handwerk der Lobby-erfahrenen Strombranche. Das volkswirtschaftliche Problem freilich, das hinter den Hiobsmeldungen steckt, ist vertrackt: Einerseits sind die tiefgreifenden Veränderungen in der Stromerzeugung durchaus gewollt. Ökostrom soll zunehmend Energie aus Kohle, Gas oder Atom ersetzen. Andererseits ist die vielgepriesene Energiewende ohne eine Art Rückgrat an konventioneller Stromerzeugung nicht zu haben. Völlig ohne Kohle und Gas hängt die Öko-Wende beim Strom in der Luft. Das Problem ist vor allem deshalb so lange akut, bis ausreichend und zuverlässige Leitungen etwa Windstrom aus dem Norden in die Industrieregionen in Bayern und Baden-Württemberg leiten. Verschärft wird die Situation im Süden noch dadurch, dass die letzten Atommeiler im Süden, die vor allem die sogenannte Grundlast sicherten, in absehbarer Zeit vom Netz gehen werden. Das treibt manchem Energieversorger Sorgenfalten auf die Stirn, den Stromkunden auch. Die Speicherung von Ökostrom steckt ebenfalls noch in den Kinderschuhen. Doch auch wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst, muss das Stromnetz stabil versorgen. Dafür werden allerdings auch flexible "konventionelle" Kraftwerke gebraucht, die oft tagelang nur im "Standby"-Betrieb laufen. Eigentlich ist das unwirtschaftlich, aber für die Versorgungssicherheit im höchsten Maße wichtig. Und damit sich diese Kraftwerke "zur besonderen Verwendung" rechnen, müssen die Betreiber angemessen entschädigt werden. Aber woher soll dieser "Standby-Cent" kommen, wenn nicht von den Stromkunden? Schwarz-Gelb scheut sich, diese bittere Wahrheit vor dem 22. September an die große Glocke zu hängen. Ohnehin sind die Stromkunden, das heißt Wähler, wegen der explodierenden Ökostrom-Umlage oder der gestiegenen Netzentgelte sauer.

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